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[Video] Erinnern als kollektive Gegenwehr

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Am 7. November 2020 fand die Premiere des Dokumentarfilms CONTRAHISTORIA - GESCHICHTE VON UNTEN des Medienkollektivs Left Report statt, in dem Aktivist:innen in Madrid über die Kontinuitäten der Kämpfe gestern und heute gegen den Faschismus, rechte Gewalt und staatliche Repression berichten.


Die Formen, mit denen der Faschismus sich durchsetzt, sind vielfältig – abhängig vom Kontext, der Situation und nicht zuletzt dem Ort. Das Ende ist das Gleiche: Es ist das Schluss-Machen mit der ganzen Welt, die anders als sie [die Faschisten] denkt.“ (Aktivist*in, Contrahistoria)


Nach der Filmvorführung sprachen wir mit Vecktor, einem Aktivist aus Madrid. Er ist seit vielen Jahren in Berlin in der Gruppe Solidaridad Antirrepresiva aktiv. Jo aus der Redaktion des re:volt magazine sprach mit ihm über antifaschistisches Gedenken und kollektive Gegenwehr im Gestern und Heute. Deutlich wird: Sie tragen ein anderes Gewand und mögen andere Methoden anwenden, aber diejenigen, die in Spanien unter Franco politische Gegner:innen verfolgten und folterten, sind immer noch da.

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Nach Francos Tod bis zum heutigen Tag, in der Zeit der sogenannten Transición, kam es immer wieder zu gewalttätigen Übergriffen und Morden durch faschistische Gruppen und Nazis. Eine zentrale Stellung nimmt jedoch der Mord an Carlos Palomino am 11. November 2007 ein, der im Mittelpunkt des Film Contrahistoria steht. Carlos Palomino war ein antifaschistischer Jugendlicher aus Vallekas, einem Stadtteil von Madrid. An jenem Tag wurde Carlos auf dem Weg zu einer antifaschistischen Kundgebung in der U-Bahn von einem 24-jährigen rechtsradikalen Berufssoldaten erstochen. „Es hätte jeden treffen können. Das bleibt im Kopf und in deiner Erinnerung“, sagt eine Aktivistin im Film.

Mit dem Mord, so berichtet Vecktor im Gespräch, sei eine Grenze überschritten worden. Die Mutter von Carlos, Mavi, hatte dabei eine wichtige Rolle: Sie war von Anfang an Sprecherin der Mütter gegen Repression, einem Verein, in dem sich Familienangehörige von Opfern faschistischer Gewalt organisieren. Zu Beginn stellten die Medien das als eine Schlägerei zwischen extremistischen Gruppen dar und erkannten den politischen Charakter der Ermordung nicht an. Damit, so Vecktor, werden immer wieder die Opfer und Täter von faschistischer Gewalt auf eine gleiche Stufe gestellt. Die Aktivitäten der Angehörigen rund um den Prozess gegen den Mörder von Carlos führten aber zum ersten Mal dazu, dass der Mord als Hassverbrechen anerkannt und mit 26 Jahren Haft verurteilt wurde.

Es waren und sind aber noch immer die antifaschistischen und linken Aktivist:innen, gegen die sich ein Großteil der staatlichen Repression richtet, die kriminalisiert und verhaftet werden. Zwischenzeitlich wurde das Gesetz, welches ursprünglich zum Schutz der Opfer entwickelt wurde, von den spanischen Repressionsbehörden umgekehrt: so wurden im Jahr 2019 Antifa-Aktivist:innen wegen „Hass gegen Nazis“ angeklagt; ein weiteres Gesetz, das sogenannte Maulkorb- oder Knebelgesetz, wird seit 2015 dafür verwandt, Sonderrechte für die Polizei durchzusetzen, um auf der Basis von Indizien Ermittlungen aufzunehmen, Menschen zu verhaften und vor Gericht zu stellen.

Mit diesen Gesetzen wird die brutalste politische Strafverfolgung gegen der Bevölkerung seit Francos Tod praktiziert, die vor allem linke Aktivist:innen, Antifaschist:innen, Anhänger:innen des Unabhängigkeitsprozesse und Künstler:innen trifft. Sie können beliebig und grundlos verfolgt werden. Vecktor berichtet unter anderem von einem Prozess gegen eine Jugendliche, die in einem Tweet das Lied einer Punkband zitierte, in dem es um die Ermordung von Francos Nachfolger Carrero Blanco durch die ETA (frühere Baskische Untergrundorganisation, Anm. Red) ging. Sie wurde dafür wegen „Verherrlichung von Terrorismus“ verurteilt.

Der Protest auf der Straße wird dadurch zum Akt des Widerstands, dem immer wieder Verhaftungen und Isolationshaft folgen können. Seitdem die rechte Partei VOX im Parlament sitzt, wird das Vorgehen der Repressionsbehörden immer offensiver und gewalttätiger. Nazis werden nicht mehr als Nazis bezeichnet, sondern als Konstitutionalisten, also „Verfassungsschützer“ – Vecktor macht deutlich, dass dies einer staatliche Rechtfertigung und Verharmlosung der Nazis und ihrer Gewalt gleichkommt. Er berichtet von einem Fall in Lepe, Andalusien: Dort waren im Sommer des Jahres zahlreiche Erntehelfer:innen aus Marokko angegriffen worden, die unter miserablen Bedingungen in Hütten am Rande der Felder leben. Anhänger:innen von VOX verbrachten drei Tage damit, die Hütten abzubrennen, ohne dass die Polizei eingriff. Form und Strategie der faschistischen Gewalt, das machen Vortrag und Film deutlich, mögen sich vielleicht ändern, aber die Akzeptanz der Postfranqisten und der Übergriffe auf Linke und Migrant:innen ist in den Behörden ungebrochen. Erinnern heißt deshalb auch in diesem Fall, nicht im Gestern stehen zu bleiben, sondern solidarische und widerständige Praxen des Gedenkens zu entwickeln, um die Kämpfe im Heute weiter führen zu können. No Pasarán!