Gegen die Spaltung der Lohnabhängigen!
Der Internationale Kampftag der Arbeiter:innen steht vor der Tür und an vielen Orten finden Demonstrationen, Kundgebungen und Feierlichkeiten statt. Wir haben mit zwei Genoss:innen des Bloque Latinoamericano aus Berlin über ihre Kampagne zum Revolutionären 1. Mai gesprochen.
Ale und Cami, könnt ihr die Arbeit eures Kollektiv kurz vorstellen?
Ale: Wir als Bloque Latinoamericano sind eine lateinamerikanisch migrantische Organisation. Das heißt, wir arbeiten aus einer migrantischen Perspektive und orientieren uns an politischen Traditionen aus Lateinamerika. Wir versuchen, diese in den deutschen Kontext zu übersetzen, anzupassen und zu erweitern. Wir machen zum einen Soli-Arbeit zu Kämpfen in Lateinamerika und begleiten die dortige politische Konjunktur. Zum anderen arbeiten wir gemeinsam mit der lateinamerikanischen Community hier in Berlin. Wir politisieren diese und organisieren uns, um unsere Lebensumstände insgesamt zu verbessern und eine Transformation der Gesellschaft zu erkämpfen.
Ihr mobilisiert zur Revolutionären 1.Mai- Demo in Berlin als Bloque in diesem Jahr auch mit eigenen Anliegen. Wen wollt ihr damit besonders mobilisieren und warum braucht es das?
Cami: Für uns ist es zentral, dass die migrantische und besonders lateinamerikanische Community am 1. Mai auf die Straßen geht. Wir sind es, die hierzulande die prekäre Arbeit verrichten und die Wirtschaft am Laufen halten. Gleichzeitig sehen von den Gewinnen unserer Arbeit aber nichts. Dagegen müssen wir auf die Straße gehen und unseren gerechten Anteil und sichere Lebensumstände fordern.
Ale: Das ist teilweise gar nicht so einfach, weil die 1. Mai Demo oft von der Polizei angegriffen wird. Für Menschen, deren Visum bei einem Polizeikontakt auf dem Spiel steht, oder die gar keine Aufenthaltserlaubnis besitzen, ist das natürlich ein enormes Risiko. Deshalb liegt unser Augenmerk darauf, ein Sicherheitskonzept zu haben, dass das Risiko so gering wie möglich hält und es auch den Menschen aus unserer Community ermöglicht, ihrer Stimme Gehör zu verleihen, die sich das sonst vielleicht nicht trauen würden.
Cami: Es ist klar sichtbar, wie sich der öffentliche Diskurs verschärft. Wir Migrant*innen werden für alle Missstände als Sündenböcke herangezogen. So wird von den eigentlichen Problemen abgelenkt oder, wenn sie ernst genommen werden, werden Scheinlösungen vorgeschlagen, eigentlich immer auf unsere Kosten und auf die von Sozialhilfeempfänger*innen.
Ale: Auch die Repression nimmt stark zu und als nicht-weiße Person steht man noch stärker als schon zuvor unter Generalverdacht. Das gilt sicher noch stärker für die türkischen und arabischen Communities, aber generell für alle, die sich nicht der offiziellen Linie des Staates unterwerfen.
Wo seht ihr dringenden Bedarf für größere strategische Allianzen und was bräuchte es dafür?
Ale: Obwohl ein Viertel aller Menschen in Deutschland einen Migrationshintergrund hat, über die Hälfte davon mit eigener Migrationserfahrung, ist es ganz klar, dass eine rein migrantische Bewegung nicht in der Lage sein wird, die Gesellschaft grundlegend zu verändern. Es braucht dringend eine politische Bewegung, die sich der Spaltung der Lohnabhängigen in Migrant*innen und Deutsche entgegenstellt. Denn letztlich verlieren alle durch diese Spaltung, nicht nur wir Migrant*innen und jene, die als solche gelten, obwohl sie hier geboren und aufgewachsen sind.
Cami: Wir Migrant*innen werden mittels prekärer Aufenthaltsgenehmigungen, also der impliziten permanenten Drohung der Abschiebung, rassistischer Diskriminierung und auch ganz direkter Gewalt dazu gezwungen, Arbeit zu miserablen Arbeitsbedingungen und Löhnen anzunehmen. Das führt aber dazu, dass der Lebensstandard aller Lohnabhängigen gedrückt wird. Die Bosse können ja immer damit drohen, einfach eine*n Migrant*in einzustellen und so auch weiße Deutsche zwingen, sich mit weniger abzugeben, wenn sie den Job behalten wollen. Wir sehen also, dass die Einzigen, die wirklich ein Interesse an dieser Hetze und Spaltung zwischen Deutschen und Migrant*innen haben, diejenigen sind, die von unserer Arbeit leben.
Ale: Ein Kampf für bessere Lebensbedingungen für Migrant*innen ist gerade notwendig, um die Lebensbedingungen aller Lohnabhängigen zu heben. Das ist von zentraler Wichtigkeit zu vermitteln und das ist auch unser Ziel dabei, wenn wir diesen 1. Mai auf die Straße gehen. Wir wollen klar machen, dass die neuen Migrationsgesetze, die sinken Lebensstandards großer Teile der hiesigen Bevölkerung und der Aufstieg der Rechten eng zusammenhängen und die Lösung nur ein gemeinsamer Kampf aller Lohnabhängigen sein kann, nicht der Kampf der einen Lohnabhängigen gegen die anderen. Dafür wird es auch notwendig sein, innerhalb der Linken unnötige Grabenkämpfe zu überwinden.
Zum Bloque:
Der Bloque Latinoamericano existiert seit 2018 und arbeitet zu den Themen prekäre Lebensbedingungen der migrantischen Bevölkerung in Berlin, besonders im Bezug zu Wohnen und Arbeit, und in Solidarität mit Kämpfen in Lateinamerika. Newsletter (Telegram) des Bloque: https://t.me/bloquenoticias
Treffpunkt des Bloque zur Revolutionären 1. Mai-Demo 2024:
17:00 Uhr am Bahnhof Südstern in Kreuzberg.