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Das Szenario AfD: Ruhig und entschlossen bleiben!

Protest gegen die AfD in Köln j. broese

Der Schock sitzt tief. Die Alternative für Deutschland (AfD), eine nationalistische bis offen faschistische Partei, wird mit 12,6 Prozent und voraussichtlich 94 Sitzen in den Bundestag einziehen. Im Vorhinein war bekannt geworden, dass eine Mehrheit davon an den faschistischen Flügel der Partei um Björn Höcke gehen wird. Dieser wird es auch sein, der sich in den kommenden Jahren um ein vertieftes strategisches Bündnis mit anderen faschistischen Gruppen bemühen wird, ohne dabei das Bündnis mit rechtskonservativen, bürgerlichen Kreisen zu stark in Mitleidenschaft zu ziehen. Wir stehen am Beginn eines Faschisierungsprozesses, der nun eine klare politische Vertretung im Parlament hat und für ein neues, ultra-autoritäres und neoliberales Gesellschaftsmodell steht.

Es ist klar, dass der Erfolg der radikalen Rechten Teil einer anhaltenden politischen Legitimationskrise ist. Auch in Deutschland vergrößert sich die soziale Ungleichheit seit Jahren, die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen werden prekärer. Die trügerisch positiven Zahlen vom Arbeitsmarkt wurden sich schlicht mit einem ausgeweiteten Elendssektor erkauft - nichts anderes war Schröders Agenda 2010. Die Linke hat es nicht geschafft, den unter Druck geratenen Menschen eine gesellschaftliche Alternative aufzuzeigen und ihre Forderungen an den Bedürfnissen der proletarisierten Klassen zu orientieren.  Anders kann nicht erklärt werden, warum 21 Prozent der ArbeiterInnen und 22 Prozent der Arbeitslosen stramm rechts gewählt haben. Wenn aber genau diese Teile der Gesellschaft gegen uns stimmen und einer rechten Sozialdemagogie auf den Leim gehen, dann ist das nicht ein weiterer Beweis für die Unbrauchbarkeit der deutschen ArbeiterInnen, sondern es ist ein Zeichen dafür, dass wir nicht die Voraussetzungen erfüllen, um als linke Alternative wahrgenommen zu werden. Und geben wir es ehrlich zu: Bei den größeren Streiks, z.B. im Erziehungssektor oder dem öffentlichen Nahverkehr waren wir nicht präsent, unsere Forderungen sind den meisten Menschen vollkommen unbekannt. Wahrnehmbar waren wir, dank der herrschenden Hetze, lediglich in der Form des Randalierers. 

Der zweite Aspekt ist, dass die AfD nicht nur keine Alternative für die Werktätigen ist, sondern sehr wohl eine Alternative für die Herrschenden: Für Teile des Kapitals, die sie ja nachweislich finanzieren, und nationalistischem Funktionärspersonal: Die große Koalition hat trotz anderem öffentlichen Bekunden keine wesentlich andere Politikvorstellung wie ihre Alternative von Rechts, wenn es z.B. um innere Sicherheit, Flüchtlingsfrage oder Sozialpolitik geht. Die AfD steht hier lediglich für die zugespitzte Variante. Faktisch bewegt sich der politische Diskurs und mit ihm die Parteien inklusive der Linken seit Jahren nach rechts. Die AfD ist daher eben nicht das Andere vom rechten Rand. Sie bezieht ihre politische Legitimität aus anhaltenden nationalistischen und autoritären Tendenzen der sogenannten bürgerlichen Mitte, die nun in gespielter Betroffenheit in den Polit-Talkshows so tut, als hätte sie in der Flüchtlings- und Islamdebatte nicht eben genau die Positionen der AfD befördert. Es gibt Teile des Herrschaftspersonals, die wollen den autoritären, neoliberalen Staat. Die AfD ist ihr natürlicher politischer Ausdruck.

Die Aufgaben sind so gesehen klar: Wir müssen das, was wir in den vergangenen Jahren diskutiert haben, nun dringend in die Praxis umsetzen: Ruhig entschlossen vorwärts mit Basisarbeit im Betrieb und Viertel, antifaschistische Massenarbeit, Aufbau von revolutionären Organisationen und Netzwerken, die wehrhaft sind gegen die nun ansteigenden Aggressionen des politischen Gegners. Gleichzeitig sollten wir vor lauter Bestürzung nicht den Fehler machen, die liberalen Organisationen und Parteien der bürgerlichen Mitte für unsere Verbündeten zu halten gegen eine Gefahr von noch weiter rechts. Wer als Alternative wahrgenommen werden will, der muss sich vom neoliberalen Regime abgrenzen und nicht als sein fünftes Rad wahrgenommen werden.