Campushexen kann man nicht festnehmen
Hatice Göz wurde am Morgen des 11. September seitens der Antiterrorpolizei in ihrem Haus in Ankara festgenommen. Am 20. September wurde sie dem Haftrichter vorgeführt. Es folgte die Untersuchungshaft. Im folgenden veröffenltichen wir einen Solidaritätsaufruf von Meral Çınar, einer Aktivistin der Campushexen im Exil.
Hatice ist eine junge Feministin und hat ihren Abschluss in Psychologie gemacht. Während und nach ihrem Studium hat sie für Frauenrechte gekämpft und sich gegen Femizide, Belästigungen, Gewalt an Frauen und Kindesmissbrauch engagiert. Seit 2013 organisieren sich junge Frauen als Campushexen, um Widerstand gegen Diskriminierung und Gewalt an Frauen zu leisten. Sie veranstalten Frauencamps, Podiumsdiskussionen, Konferenzen und Demonstrationen mit dem Zweck der Bewusstseinsbildung, und um die Solidarität zwischen Frauen zu stärken. Alle ihre Aktivitäten sind öffentlich, stehen in keinem Widerspruch zur Verfassung und werden im Rahmen von demokratischen Rechten und Freiheiten organisiert. Sie unterhalten weder Verbindungen zu illegalen Organisationen, noch stehen sie sonst irgendeiner Organisation nahe. Ihre Aktivitäten werden autonom organisiert und ausgeführt. Hatice ist eine unserer Schwestern, die seit Jahren als Campushexe für die Befreiung der Frauen kämpft.
Das
Bündnis von Staat und Patriarchat betreibt eine Politik, die Frauen in
konservative Rollen hineinzwängt und unterdrückt und permanent die patriarchale
Struktur der Gesellschaft mobilisiert, um Gewalt gegen Frauen zu legitimieren.
Dieses Bündnis hat eine Türkei erschaffen, in der uns die Gewalt überall, auf
der Straße, im öffentlichen Verkehr, auf dem Campus oder zu Hause, auf Schritt
und Tritt folgt und ein Klima der Angst erzeugt. Während es eine Straftat
darstellt, sich zu organisieren, um nicht in einem Land leben zu müssen, in dem
Kindesmissbrauch und Feminizid auf der Tagesordnung stehen, werden täglich
Vergewaltiger und Frauenmörder mit verminderten Strafmaßen honoriert. Die vor
diesem Hintergrund steigende Konjunktur des Frauenkampfes hat das Regime allem
Anschein nach außerordentlich gestört. Mit dem Angriff auf Hatice und die
Campushexen zielen sie auf den Freiheitskampf der Frauen, gegen den Feminismus
und in letzter Konsequenz auf alle Frauen ab. Sie versuchen unsere Bewegung zu
delegitimieren, indem sie die Namen aller ihnen bekannten illegalen
Organisationen zur Hand nehmen und uns in Verbindung zu diesen setzen. Das
machen sie, weil sie nicht sagen können, dass es eine Straftat ist, Mitglied
bei den Campushexen zu sein, Camps oder Podiumsdiskussionen zu organisieren,
bei denen es um den Frauenkampf geht, oder gegen Kindesmissbrauch und Femizid
zu kämpfen. Denn dies sind demokratische und legale Rechte.
Doch ihre
Anstrengungen sind zum Scheitern verurteilt. Ihre Kraft wird nicht ausreichen,
um die Campushexen oder sonst irgendeinen Teil des Frauenkampfes auf diese
Weise zu delegitimieren, die Ursachen ihrer Existenz zu verdrehen oder ihrem
Kampf Einhalt zu gebieten. Bis zu dem Tage, an dem keine einzige Frau mehr
ausgeschlossen ist, werden wir an unserem Freiheitskampf festhalten. Wir fordern
deshalb, dass unsere als Geisel gehaltene Schwester Hatice umgehend
freigelassen wird. Aus diesem Grund laden wir unsere Schwestern überall auf der
Welt dazu ein, Solidarität mit den Campushexen, dem Frauenkampf in der Türkei
und mit Hatice Göz zu bekunden.
Als Schwestern von Hatice werden wir in Europa eine Solidaritätskampagne mit Hatice und dem Frauenkampf in der Türkei organisieren. Diese Kampagne wird unter anderem Solidaritätsvideos und -bilder, Briefe ins Gefängnis, Soliparties für die Finanzierung der Anwälte und des Gefängnisaufenthaltes und anderes beinhalten. Jede*r, der*die mitmachen und sich solidarisieren will, ein Video oder ein Bild senden möchte, kann uns über Freehatice.2018@gmail.com erreichen.
Aus dem Türkischen übersetzt von der Redaktion des re:volt magazine.