F\u00fcr den Erfolg unserer Praxis
\nEtwa 800 Teilnehmende aus unterschiedlichen Gruppen und Einzelpersonen; Redebeitr\u00e4ge, in denen Arbeitsbedingungen, Leiharbeit und Sozialpartnerschaft, Immobilienkonzerne wie vonovia und die Mietsituation, der rassistische Integrationsdiskurs und der Kampf des B\u00fcndnis Together-we-are-Bremen sowie die Situation von gefl\u00fcchteten Menschen allgemein thematisiert wurden; viele k\u00e4mpferische Parolen; Solidarit\u00e4tsaufrufe mit aktuellen K\u00e4mpfen in anderen L\u00e4ndern und internationalistische Musik: Mit der revolution\u00e4ren internationalistischen 1. Mai-Demonstration gab es in diesem Jahr in Bremen zum ersten Mal eine erfolgreiche Alternative zur traditionellen Zeremonie von DGB & Co. Insgesamt sehen wir die Demo als Erfolg und hoffen, dass sie den Anfang f\u00fcr eine neue 1. Mai-Tradition in Bremen bildet.
Da wir vom kollektiv urspr\u00fcnglich zum B\u00fcndnis f\u00fcr die Vorbereitung der Demo aufgerufen hatten, wollen wir mit diesem Artikel einige Gedanken zum Konzept der Demo und den Erfahrungen mit der B\u00fcndnisarbeit mit anderen Genoss*innen teilen. Erfahrungen aus der Praxis \u201egeh\u00f6ren\u201c unserer Ansicht nach nicht den beteiligten Gruppen, sondern sind Teil des Erfahrungsschatzes der gesamten Bewegung. Nur wenn Erfahrungen geteilt und einer gemeinsamen kritischen Reflexion zug\u00e4nglich gemacht werden, k\u00f6nnen sie als Lernm\u00f6glichkeit f\u00fcr die Gesamtbewegung wirken.
I. Der Charakter der Demo
Wie vielen anderen Gruppen und Genoss*innen war es auch uns wichtig, dass der 1. Mai in Bremen und damit die soziale Frage wieder von revolution\u00e4rer Perspektive aus angeeignet wird. Unser Ziel war es, das Monopol des DGB und der von ihm repr\u00e4sentierten Sozialpartnerschaft und Vertreter*innenpolitik zu brechen und der allj\u00e4hrlichen 1. Mai-Zeremonie eine klassenk\u00e4mpferische Alternative von unten gegen\u00fcber zu stellen. Damit dies gelingt, waren uns einige Voraussetzungen f\u00fcr den Charakter der Demonstration wichtig:
1. Eine Alternative von unten
Eine der wichtigsten Voraussetzungen war f\u00fcr uns, den 1. Mai nicht als Szene-Event oder revolution\u00e4re Parade zu begehen, sondern eine Plattform zu schaffen, auf der diejenigen zu Wort kommen und sichtbar werden, die von den unterschiedlichen Unterdr\u00fcckungs- und Ausbeutungsformen betroffen sind und sich in ihrem Alltag dagegen wehren oder wehren wollen. Der revolution\u00e4re Charakter einer Demonstration spiegelt sich unserer Meinung nach nicht in einer militanten Parade revolution\u00e4rer oder linksradikaler Gruppen oder dem Zeigen typischer Symbole wider. Er hat vielmehr mit dem Aufbau eines Prozesses zu tun, der in der Lage ist, Menschen auf die Stra\u00dfe zu bringen, die f\u00fcr ihre allt\u00e4glichen K\u00e4mpfe eine kollektive und k\u00e4mpferische Perspektive entwickeln. Mit anderen Worten: Unter einer revolution\u00e4ren Demonstration verstehen wir nicht (nur) eine Demonstration von Revolution\u00e4r*innen. Das setzt voraus, dass die 1. Mai-Demo zu einem Ort wird, zu dem sich Menschen zugeh\u00f6rig f\u00fchlen und deshalb ihre eigenen allt\u00e4glichen Probleme und K\u00e4mpfe einbringen.
Ob diese Herangehensweise aufgeht und der revolution\u00e4re 1. Mai in Bremen in Zukunft weiter w\u00e4chst und mehr Menschen mit ihren allt\u00e4glichen K\u00e4mpfen sich darin wiederfinden, h\u00e4ngt davon ab, ob die radikale und revolution\u00e4re Linke auch au\u00dferhalb des 1. Mai in der Lage ist, eine Praxis zu entwickeln, die innerhalb der Gesellschaft wirkt. Eine Wiederaneignung der sozialen Frage von revolution\u00e4rer Perspektive aus und ein Kampf gegen den Aufstieg der Rechten kann nur dann erfolgreich sein, wenn die revolution\u00e4re Linke mit ihren Inhalten und Organisierungsangeboten im Alltag derjenigen sichtbar und sp\u00fcrbar wird, die in diesem System unterdr\u00fcckt werden. Seit einigen Jahren wird dieser Ansatz bundesweit unter den Begriffen \u201erevolution\u00e4re Basisarbeit/Basisorganisierung\u201c oder \u201ePolitik von unten\u201c wieder vermehrt diskutiert. Im Mittelpunkt steht die Frage, mit welchen Strategien und Praxen eine Verankerung der radikalen Linken in der Gesellschaft auf- und ausgebaut werden kann. [1]
2. Mit oder ohne den DGB?
Eine zweite Voraussetzung war f\u00fcr uns, dass die Demonstration parallel zur Gewerkschaftsdemo stattfindet und nicht als revolution\u00e4re Erg\u00e4nzung oder Zusatzprogramm am Nachmittag. Grund daf\u00fcr war, die Legitimit\u00e4t und Normalit\u00e4t der sozialpartnerschaftlichen Gewerkschaftszeremonie als dominante Repr\u00e4sentation des 1. Mai auch symbolisch infrage zu stellen. Ein Teil der Gruppen, die dem ersten Aufruf gefolgt waren, haben deshalb nach zwei oder drei Treffen das B\u00fcndnis wieder verlassen und sich entschieden, einen revolution\u00e4ren Block auf der DGB-Demo zu organisieren. Sie teilen zwar unsere Kritik am DGB, halten es aber f\u00fcr m\u00f6glich und notwendig, innerhalb der DGB-Gewerkschaften revolution\u00e4re Politik zu machen und dadurch den gesamten Apparat zu radikalisieren. Wir selbst \u2013 wie die anderen verbleibenden Gruppen im B\u00fcndnis \u2013 sehen diese M\u00f6glichkeit aufgrund der historischen Erfahrungen und strukturellen Rolle und St\u00e4rke des Gewerkschaftsapparates nicht (auch wenn es nat\u00fcrlich k\u00e4mpferische und revolution\u00e4re Gewerkschafter*innen und Betriebsgruppen gibt). Vielmehr sehen wir in der Politik des DGB und der von ihm vertretenen (national orientierten) Sozialpartnerschaft einen der Gr\u00fcnde, warum es kaum noch Klassenbewusstsein innerhalb der BRD gibt und ein Gro\u00dfteil der Arbeiter*innen in den nationalistischen Diskurs eingebunden werden konnte. Die Tatsache, dass ein nicht unwesentlicher Anteil der DGB-Mitglieder inzwischen die AfD w\u00e4hlt, ist vor diesem Hintergrund nicht verwunderlich. [2] Klar ist aber auch, dass eine Kritik an den DGB-Gewerkschaften nicht bedeuten kann, dass wir am Ende ohne jegliche Kampforganisationen der Arbeiter*innen dastehen. Vielmehr ist es eine historische Aufgabe der radikalen Linken, den Aufbau von ernsthaften klassenbewussten und k\u00e4mpferischen Strukturen in Betrieben voranzutreiben, in und mit denen Klassenk\u00e4mpfe von unten gef\u00fchrt werden k\u00f6nnen und jenseits von reinen wirtschaftlichen Forderungen auch auf eine Gesellschafts\u00e4nderung hingewirkt werden kann. Beim Aufbau solcher alternativen betrieblichen Kampfstrukturen k\u00f6nnen kritische und revolution\u00e4re Gewerkschafter*innen mit ihren Erfahrungen und mit ihrem Wissen eine wichtige Rolle spielen.
3. Aktiver Internationalismus
Die dritte Voraussetzung umfasst den internationalistischen Charakter der Demonstration. Internationalismus bedeutet f\u00fcr uns nicht nur die Solidarit\u00e4t mit k\u00e4mpfenden Bewegungen weltweit. Aufgrund des zunehmend global organisierten Kapitalismus und der Folgen des Imperialismus weltweit ist Internationalismus f\u00fcr uns nur als Aufforderung zu verstehen, Strategien zu entwickeln, um innerhalb dieser Gesellschaft internationalistische K\u00e4mpfe anzusto\u00dfen oder zu st\u00e4rken. Damit soziale und politische K\u00e4mpfe innerhalb der Bundesrepublik einen solchen internationalistischen Charakter entwickeln, spielt die breite Beteiligung von Menschen eine zentrale Rolle, die in die BRD migriert sind oder hier inzwischen in der dritten oder vierten Generation leben, aber aufgrund von Bez\u00fcgen zu den jeweiligen Herkunftsl\u00e4ndern h\u00e4ufig direkte oder indirekte Erfahrungen mit den Auswirkungen imperialistischer Politik haben. Um diese unterschiedlichen Communities zu erreichen und zusammenzubringen, ist es notwendig, dass revolution\u00e4re Linke aus unterschiedlichen L\u00e4ndern, die innerhalb der BRD leben, eine gemeinsame Strategie der Gesellschaftsver\u00e4nderung f\u00fcr die hiesige Gesellschaft entwickeln, anstatt sich nur vereinzelt miteinander zu solidarisieren oder f\u00fcr einzelne Aktionen gemeinsam zu mobilisieren. Im Hinblick auf revolution\u00e4re migrantische Linke (und in Teilen auch Exilorganisationen) bedeutet dies, nicht nur den revolution\u00e4ren K\u00e4mpfen und Entwicklungen in den eigenen Herkunftsl\u00e4ndern zu folgen und in der BRD sozialdemokratische oder linksliberale Politik zu betreiben, sondern auch f\u00fcr die hiesige Gesellschaft eine revolution\u00e4re Perspektive zu entwickeln. [3]
II. B\u00fcndnisarbeit \u2013 die Ger\u00fcchtek\u00fcche kocht
Die Organisation einer kraftvollen 1. Mai-Demo ist ohne ein breites B\u00fcndnis von linksradikalen Gruppen mit einem gemeinsamen Austausch und Reflexion weder m\u00f6glich noch sinnvoll. Deshalb hatten wir uns dazu entschieden, mit einem \u00f6ffentlichen Aufruf all diejenigen zum ersten Vorbereitungstreffen einzuladen, die unser Konzept mehr oder weniger teilen und einen \u00e4hnlichen Zugang zu linksradikaler oder revolution\u00e4rer Politik (Basisorganisierung) haben oder daran interessiert sind. Aufgrund der allgemein geteilten Frustration \u00fcber die bisherigen 1. Mai-Demos in Bremen, die nach der Einladung des Vize-Pr\u00e4sidenten der Polizeigewerkschaft als Hauptredner im Vorjahr nochmals verst\u00e4rkt wurde, gingen wir davon aus, dass sich viele Gruppen an dem B\u00fcndnis beteiligen w\u00fcrden. Leider war dies nicht der Fall. Vielmehr hatten wir von Beginn an mit zahlreichen Vorbehalten, Vorurteilen und Ger\u00fcchten gegen\u00fcber dem B\u00fcndnis und der Demonstration als solcher zu k\u00e4mpfen, obwohl fast alle mit der grundlegenden Notwendigkeit einer solchen Demo \u00fcbereinstimmten. Vor dem Hintergrund dieser Erfahrungen m\u00f6chten wir einige Gedanken zu unserem Verst\u00e4ndnis von B\u00fcndnisarbeit beziehungsweise der Zusammenarbeit von linksradikalen Gruppen in einer Stadt teilen:
Leider gibt es in der radikalen Linken eine zunehmende Tendenz, pauschal Vorw\u00fcrfe gegen Gruppen oder Einzelpersonen zu erheben, ohne diese inhaltlich zu begr\u00fcnden und/oder eine offene und transparente inhaltliche Auseinandersetzung zu f\u00fchren. In Bezug auf das B\u00fcndnis gab es unter anderem die Vorw\u00fcrfe, das B\u00fcndnis sei \u201eantisemitisch\u201c und \u201edogmatisch\u201c. [4] Diese nicht \u00f6ffentlich erhobenen Vorhaltungen f\u00fchrten dazu, dass viele Einzelpersonen und Gruppen sich w\u00e4hrend der Vorbereitung vom B\u00fcndnis distanzierten oder passiv dazu verhielten \u2013 ohne jedoch auf Nachfrage erkl\u00e4ren zu k\u00f6nnen, aus welchem Grund genau sie dies taten oder welche eigene Position sie dazu entwickelt hatten. Reaktionen wie diese kennen wir auch aus anderen Kontexten: Aus Sorge, selbst abgestempelt oder isoliert zu werden, ziehen es Gruppen oder Einzelpersonen im Umgang mit solcherlei Vorw\u00fcrfen vor, passiv zu bleiben, sich vorsichtshalber zu distanzieren oder vermeintlich neutral zu verhalten, anstatt in Auseinandersetzung zu gehen, eine eigene Position zu entwickeln und diese selbstbewusst zu vertreten.
Die Tendenz, innerhalb der linken Bewegung pauschal Vorw\u00fcrfe zu erheben beziehungsweise sich ohne inhaltliche Auseinandersetzung zu distanzieren, halten wir f\u00fcr sehr gef\u00e4hrlich. Sie f\u00fchrt dazu, dass eine emanzipatorische Diskussionskultur durch eine k\u00fcnstliche Starre und Atmosph\u00e4re der Angst und Einsch\u00fcchterung ersetzt wird. Die daraus resultierenden Distanzierungs- und Spaltungsprozesse f\u00fchren zudem regelm\u00e4\u00dfig dazu, dass in St\u00e4dten die breitere Zusammenarbeit linksradikaler Gruppen zum Erliegen kommt. Diese Art und Weise, Sprech- und Denkverbote zu erheben, die teilweise mit einer dogmatischen und machtpolitischen Auslegung des Ansatzes der \u201epolitical correctness\u201c zu tun hat, ist in dieser zugespitzten Form vor allem in der deutschen linken Szene zu beobachten. Uns ist klar, dass die Kritik an political correctness auch von Reaktion\u00e4ren und Rechten benutzt wird, um emanzipatorische Werte zu delegitimieren und Unterdr\u00fcckungsmechanismen aufrechtzuerhalten oder zu f\u00f6rdern. Dennoch halten wir eine Kritik des Ansatzes und der entsprechenden Praxis innerhalb der radikalen Linken f\u00fcr dringend notwendig. Unsere Kritik bezieht sich dabei insbesondere auf die Fokussierung auf die politisch korrekte Form. Anstatt die \u00dcberwindung von nicht-emanzipatorischen Verhaltens- und Denkweisen sowie Sprachgebr\u00e4uchen als (Lern-)Prozess zu begreifen, wird durch Mittel wie Ausschluss, Abbruch der Zusammenarbeit, Stigmatisierungen und Verbote Machtpolitik betrieben.
In den letzten Jahrzehnten wurden dar\u00fcber hinaus insbesondere unter dem Vorwurf des Antisemitismus und Dogmatismus grundlegende Konzepte revolution\u00e4rer Politik und Praxis aus dem linksradikalen Diskurs gedr\u00e4ngt, wie zum Beispiel Imperialismus und Anti-Imperialismus, Internationalismus bis hin zu Antikapitalismus und Klassenkampf oder allein das Wort revolution\u00e4r. Wenn allein die Verwendung dieser Begriffe pauschal als antisemitisch oder dogmatisch abgestempelt wird, werden undogmatische revolution\u00e4re Tendenzen verleugnet, unsichtbar gemacht und damit indirekt blockiert. Eine Folge davon ist auch, dass sich innerhalb der radikalen Linken zunehmend reformistische oder linksliberale Politikans\u00e4tze verbreitet haben. Auff\u00e4llig ist, dass viele Gruppen, die einen wesentlichen Teil ihrer Energie in solche Vorw\u00fcrfe und Spaltungen investieren, selbst keinerlei Strategien f\u00fcr eine emanzipatorische Gesellschaftsver\u00e4nderung haben, beziehungsweise in Teilen staatlichen oder reformistischen Ans\u00e4tzen nahe stehen. Eine ausf\u00fchrliche Auseinandersetzung mit den genannten Tendenzen ginge an dieser Stelle zu weit. In diesem Text beschr\u00e4nken wir uns deshalb darauf, einige Punkte in Bezug auf die genannten Erfahrungen zu benennen, die unserer Ansicht nach Voraussetzung f\u00fcr eine erfolgreiche Zusammenarbeit sind.
Insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen gesellschaftlichen Verh\u00e4ltnisse ist es unserer Ansicht nach essentiell, dass linksradikale und revolution\u00e4re Gruppen und Einzelpersonen in der Lage sind, trotz inhaltlicher Differenzen einige als notwendig erachtete Aktivit\u00e4ten gemeinsam durchzuf\u00fchren. Dazu bedarf es einer Kultur der Zusammenarbeit, in der offene Fragen und Kritik in der direkten Auseinandersetzung gekl\u00e4rt werden. Anstatt in der Betrachtung aus der Ferne die gegenseitigen Vorbehalte und Vorw\u00fcrfe zu pflegen oder Ger\u00fcchte zu verbreiten, sollten wir uns in der gemeinsamen Praxis gegenseitig kennenlernen, Differenzen anerkennen, Vertrauen aufbauen und auf dieser Basis miteinander inhaltlich diskutieren und auseinandersetzen. In B\u00fcndnisarbeit geht es nicht darum, eine inhaltliche Einheit zu bilden, sondern trotz bestehender Unterschiede gewisse strategische Ziele gemeinsam umzusetzen und im B\u00fcndnisprozess hierf\u00fcr gemeinsame Eckpunkte festzulegen. Dazu bedarf es einer lebendigen und respektvollen Streitkultur.
Obwohl die genannten Vorgehensweisen selbstverst\u00e4ndlich erscheinen, sind vielf\u00e4ltige Spaltungen leider eine Realit\u00e4t innerhalb der radikalen Linken. Sie haben ihre Entstehungsgeschichten, mit denen wir uns auseinandersetzen m\u00fcssen, um sie \u00fcberwinden zu k\u00f6nnen. Denn Spaltung ist ein Mechanismus, der sich ohne gro\u00dfe Kraftanstrengung, fast automatisch, vollzieht. Diese Spaltungstendenzen haben unter vielen anderen Faktoren dazu beigetragen, dass die radikale Linke marginal geworden ist und derzeit leider kaum Relevanz f\u00fcr Gesellschaftsver\u00e4nderung mehr hat. Deshalb ist es umso wichtiger und gleichzeitig eine der Herausforderungen, unn\u00f6tigen Spaltungen aktiv entgegenzuwirken, um an strategisch notwendigen Punkten zusammen arbeiten zu k\u00f6nnen. Denn umso gespaltener die Linke ist, umso marginaler und isolierter wird sie.
III. Nach vorne schauen!
Was die B\u00fcndnisarbeit f\u00fcr den 1. Mai selbst betrifft, so konnten wir feststellen, dass wir es trotz der bestehenden Unterschiede zwischen den beteiligten Gruppen und der geringen Teilnahme von Gruppen und Einzelpersonen geschafft haben, einen gemeinsamen Rahmen f\u00fcr die Demonstration zu entwickeln und diese auf die Beine zu stellen. Das werten wir als gro\u00dfen Erfolg. F\u00fcr das n\u00e4chste Jahr hoffen wir dennoch, dass sich mehr Gruppen an dem Prozess beteiligen. Unser Ziel ist es zudem, in die Vorbereitung mehr Menschen einzubinden, die selbst in allt\u00e4glichen K\u00e4mpfen stehen beziehungsweise unter ihnen st\u00e4rker zu mobilisieren. Zudem w\u00fcrden wir uns freuen, wenn mehr kritische Gewerkschafter*innen sich mit dem Konzept der Demonstration in Verbindung bringen und eine alternative klassenk\u00e4mpferische Demonstration im n\u00e4chsten Jahr mitgestalten.
Abschlie\u00dfend l\u00e4sst sich sagen: Unsere Erwartungen an eine erste revolution\u00e4re internationalistische 1. Mai-Demonstration in Bremen wurden \u00fcbertroffen. Um jedoch in Zukunft eine Demonstration zu organisieren, auf der unterschiedliche soziale und politische K\u00e4mpfe sichtbar werden, liegt noch viel Arbeit vor uns. Umso dynamischer unsere Basisarbeit und Praxis w\u00e4hrend der restlichen 364 Tage im Jahr ist, umso lebendiger und kraftvoller wird die n\u00e4chste 1. Mai-Demonstration sein. Sie wird in diesem Sinne ein guter Indikator f\u00fcr den Erfolg unserer Praxis in der Zwischenzeit.
Anmerkungen:
[1] In vielen St\u00e4dten haben Gruppen in den vergangenen Jahren begonnen solche Praxen zu entwickeln, etwa in M\u00fcnster, Hamburg, Berlin, Frankfurt und so weiter. Auch in Bremen gibt es seit einigen Jahren eine Praxis revolution\u00e4rer Stadtteilarbeit.
[2] Auch wenn der DGB sich ideologisch gegen die AfD positioniert und rassismuskritische Bildungsarbeit betreibt, bereitet er strukturell dennoch den Boden f\u00fcr den Anstieg rechter Tendenzen innerhalb der Arbeiter*innenklasse: Durch die konsequente Orientierung an nationalwirtschaftlichen Interessen und die Etablierung (und Verteidigung) von hierarchischen Schichten innerhalb der Arbeiter*innenklasse hat die Gewerkschaftspolitik wesentlich dazu beigetragen, dass sich in Arbeitsk\u00e4mpfen aber auch gesamtgesellschaftlich kaum internationalistische und klassenk\u00e4mpferische Perspektiven entwickelt haben.
[3] Ausf\u00fchrlicher hierzu siehe These 3 \u201eInternationalismus als strategischer Leitfaden\u201c in F\u00fcr eine grundlegende Neuausrichtung linksradikaler Politik \u2013 Kritik & Perspektiven um Organisierung und revolution\u00e4re Praxis.
[4] Der Vorwurf, das B\u00fcndnis sei antisemitisch, bezog sich auf folgende Punkte: 1. Im ersten Aufruf f\u00fcr das B\u00fcndnis wurde an der Stelle, an der die Bundesregierung wegen ihrer Unterst\u00fctzung von reaktion\u00e4ren Regierungen im Mittleren Osten kritisiert wurde, unter anderen Staaten auch die israelische Regierung benannt. 2. Auf einem Treffen des B\u00fcndnisses wurde ein Foto von mehreren Frauen aus dem pal\u00e4stinensischen Widerstand f\u00fcr das Mobilisierungsplakat vorgeschlagen und 3. wurde auf dem endg\u00fcltigen Plakat ein Foto der Gelbwesten-Bewegung verwendet. Nachdem ein Gro\u00dfteil der sich selbst als linksradikal bezeichnenden Gruppen dem B\u00fcndnis deswegen fern blieb, wurde dann erkl\u00e4rt, das B\u00fcndnis sei als Ganzes dogmatisch. Dieser Vorwurf bezog sich sowohl auf die Teilnahme einzelner Gruppen im B\u00fcndnis als auch auf die Sprache des Aufrufs und darin verwandter Begriffe wie revolution\u00e4r, imperialistisch, Klasse und so weiter.