#Strachegate: Abschiedsurlaub auf Ibiza
\nLetzten Freitag wurde ein Interview des umtriebigen \u00f6sterreichischen Neonazis Gottfried K\u00fcssel bekannt, in dem dieser sich im deutschen Magazin N.S. Heute zu FP\u00d6-Chef Heinz-Christian Strache folgenderma\u00dfen \u00e4u\u00dferte: Strache habe \u201enie unsere Blutgruppe gehabt, aber im stillen K\u00e4mmerlein hat er den gro\u00dfen Nationalsozialisten gespielt. Da gab es einige lustige Auftritte, \u00fcber die will ich jetzt aber nicht reden, vielleicht brauchen wir das nochmal.\u201c
Vermutlich wird sich Strache hier gew\u00fcnscht haben, irgendeine andere story m\u00f6ge diese unappetitliche Aufdeck-Drohung des Neonazis schnell wieder in der Versenkung verschwinden lassen. Die Aufdeckung eines solchen \u201eAuftritts\u201c lies aber nicht lange auf sich warten. Allerdings waren es Spiegel und S\u00fcddeutsche Zeitung und nicht die alten Nazi-Kompagnons, die hier f\u00fcr Aufregung sorgten. Kurz nach 18 Uhr, p\u00fcnktlich zum Feierabend, lie\u00dfen sie mit der Ver\u00f6ffentlichung brisanten Videomaterials, dem #StracheVideo die Bombe platzen, die ganz \u00d6sterreich durchr\u00fctteln, den FP\u00d6-Chef st\u00fcrzen und die \u00d6VP-FP\u00d6-Koalitionsregierung beenden sollte.
Skandal (!) auf Ibiza
Es d\u00fcrfte kaum notwendig sein, die Geschehnisse noch gro\u00df auszubreiten. Das Video und die Umst\u00e4nde sind mittlerweile auch weit \u00fcber \u00d6sterreich hinaus bekannt: FP\u00d6-Chef Strache und Johann Gudenus, zum Zeitpunkt des Videos Vizeb\u00fcrgermeister von Wien, bis zum jetzigen R\u00fccktritt Nationalratsabgeordneter und FP\u00d6-Klubobmann, versuchen im Sommer 2017 eine \u201erussische Oligarchin\u201c in einer Villa auf Ibiza davon zu \u00fcberzeugen, die Kronen-Zeitung zu \u00fcbernehmen und sie im Sinne der FP\u00d6 zu nutzen. Das Mediensystem Ungarns wird dabei als Vorbild pr\u00e4sentiert. Im Gegenzug solle sie lukrative Bauauftr\u00e4ge erhalten. Zugleich solle sie am Rechnungshof vorbei an die FP\u00d6 spenden.
Strache selbst meinte am darauf folgenden Tag in seiner R\u00fccktrittsrede, es sei \u201eeine b\u2019soffene G\u2018schicht\u201c, alkoholisiertes Teenager- und Machogehabe gewesen und \u00fcberhaupt sei \u201edie Russin\u201c sehr attraktiv gewesen. Wir kennen zwar erst kleine Teile des Videos \u2013 immerhin scheint das Treffen \u00fcber sechs Stunden gedauert zu haben \u2013 , aber was darauf zu sehen und zu h\u00f6ren ist, ist nat\u00fcrlich ekelhaft und vor Arroganz triefend. Alkohol oder nicht, wie offen und platt Strache und Gudenus sich \u00fcber all diese Pl\u00e4ne und Details auslassen, obwohl zumindest Strache und Gudenus\u2019 Frau eine Falle vermuten, ist schon bemerkenswert.
Das \u201eSchockierende\u201c, \u201eGrausliche\u201c an dem Video ist aber einzig und allein die Plattheit und die Dummheit, so offensichtlich in eine Falle zu laufen. Der Gro\u00dfteil der anderen Parteien und der Medienlandschaft schreit nun \u201eKorruption!\u201c und \u201eRussland!\u201c \u2013 als ob eine \u201ejapanische\u201c oder \u201efranz\u00f6sische Oligarchin\u201c weniger schlimm gewesen w\u00e4re. Dieser Fokus auf die offensichtliche Korruption oder das Machogehabe und die Arroganz Straches verschleiert aber den gr\u00f6\u00dferen Zusammenhang: Er verschleiert, wie sehr Strache und Co. als Erf\u00fcllungsgehilfe gro\u00dfb\u00fcrgerlicher Politik dienten.
Au\u00dfer Korruption gibt's kein Problem
Die im Video genannten Namen sind f\u00fcr einen genaueren Blick auf die Strukturen recht interessant: Waffenhersteller Glock, Gl\u00fccksspielkonzern Novomatic, Kaufhauserbin Heidi Horten und Immobilienmilliard\u00e4r Benko (der nach dem Zeitpunkt des Videos im \u00dcbrigen Anteile an der Kronen-Zeitung und an anderen Medien kaufte) werden explizit als Gro\u00dfspender genannt, die teilweise auch an mehr als nur eine Partei spendeten, vor allem an die \u00d6VP und die FP\u00d6. Benko, der \u00fcbrigens auch wegen Korruption rechtskr\u00e4ftig verurteilt ist, gilt als einer der wichtigsten Akteure im Kreis der reichen Finanziers um Bundeskanzler Kurz. Es ist bislang recht wenig \u00fcber sein sonstiges Treiben bekannt, aber das Video gibt Anlass dazu, Benkos Verh\u00e4ltnis zu Kurz kritisch ins Tageslicht zu r\u00fccken und einigen fragw\u00fcrdigen Sachverhalten nachzugehen. Benko hatte eine Luxusimmobilie auf der Wiener Mariahilferstra\u00dfe vom Kika-Leiner Konzern um 60 Millionen Euro gekauft, obwohl ein zweites Offert \u00fcber 90 Millionen existierte. Bundeskanzler Kurz lie\u00df daf\u00fcr extra das zust\u00e4ndige Gericht aufsperren und den zust\u00e4ndigen Beamten aus dem Urlaub holen, um diese Transaktion so rasch wie m\u00f6glich stattfinden zu lassen. In Folge lie\u00df er sich als Retter von Arbeitspl\u00e4tzen feiern.
Das f\u00fchrt uns zu einem ganz wesentlichen Punkt: Wie hat denn die Politik der FP\u00d6 gemeinsam mit der \u00d6VP ausgesehen, nachdem sie im Nachklapp der Wahlen 2017 eine Koalition eingingen, also in der Zeit nach der Aufnahme des belastenden Videos? Noch konkreter: Stellt das im Video Gesagte tats\u00e4chlich eine \u201eunglaubliche Entgleisung\u201c dar, oder wurden da nicht vielmehr \u00fcberspitzt, arrogant und nat\u00fcrlich offen korrupt Teile der daran anschlie\u00dfenden Regierungspolitik angesprochen? Strache sagt im Video etwa sehr deutlich, dass die Personen, die am Rechnungshof vorbei an \u00d6VP und FP\u00d6 gespendet haben \u2013 laut Strache, sie selbst streiten das ab \u2013, \u201eIdealisten\u201c seien und sich \u201eSteuererleichterungen\u201c erwarten. Und genau diese Steuererleichterungen gab es ja auch unter der \u00d6VP-FP\u00d6 Regierung.
In der Rede des Bundeskanzlers Kurz am Samstag, in der er Neuwahlen verk\u00fcndet, spricht er davon, dass er \u201eim Sinne der Sacharbeit nicht bei der erstbesten Verfehlung die Koalition\u201d aufk\u00fcndigen wollte \u2013 mit \u201eVerfehlung\u201c sind dann wohl die ganzen rechten und nazistischen Umtriebe in der FP\u00d6 gemeint. Er hielt auch fest:
\u201eWenn ich jetzt auf die letzten zwei Jahre inhaltliche Arbeit zur\u00fcckblicke, dann tue ich das aus voller \u00dcberzeugung und mit gro\u00dfer Freude. Denn wir haben in den letzten zwei Jahren inhaltlich genau das umgesetzt, was wir auch im Wahlkampf versprochen haben. Wir haben es geschafft die Schuldenpolitik in unserem Land zu beenden. Wir haben es geschafft die Steuerlast f\u00fcr arbeitende Menschen deutlich zu senken. Und wir haben auch geschafft \u2013 was wir versprochen haben -, n\u00e4mlich die illegale Migration nach \u00d6sterreich massiv zu reduzieren.\u201c
Die Politik der \u00d6VP-FP\u00d6 Regierung war also, laut Kurz, vollkommen richtig, nur die FP\u00d6 h\u00e4tte sich die offensichtlich dummen Ausrutscher sparen m\u00fcssen. Die \u201erichtige\u201c Politik \u2013 wie sah sie aus? Wie vor den Wahlen implizit angek\u00fcndigt, fand ein rechtsautorit\u00e4rer Staatsumbau par excellence statt; es war eine Politik der Zur\u00fcckdr\u00e4ngung der Sozialpartnerschaft, des \u00f6sterreichischen Korporatismus von Arbeit und Kapital, der Bereicherung der Reichsten und gleichzeitig eine Abschottungspolitik gegen\u00fcber Migrant*innen. Dass in den eineinhalb Jahren \u00d6VP-FP\u00d6-Regierung vor allem \u2013 die im Video genannten und andere \u2013 Reiche profitierten, ist kein Geheimnis. Die bekamen Steuersenkungen und Milliardenauftr\u00e4ge, die abh\u00e4ngig Besch\u00e4ftigten dagegen eine Aush\u00f6hlung von Kollektivvertr\u00e4gen, die Einf\u00fchrung des 12-Stunden Arbeitstages und die schrittweise Zerschlagung von dem, was von der Sozialpartnerschaft noch \u00fcber war. Dieses Projekt war mit der FP\u00d6 gl\u00e4nzend zu machen und die rechte Rhetorik st\u00f6rte Kurz und die \u00d6VP dabei nicht im Mindesten. Die Widerspr\u00fcche der Koalitionspartners lagen anderswo; n\u00e4mlich darin, dass die FP\u00d6 stetig mehr Macht und Einfluss f\u00fcr sich beanspruchte. Europaweit befinden sich rechtspopulistische und teils offen faschistische Parteien im Aufschwung und bringen die \u201eklassisch\u201c konservativen Vertreter*innen des Gro\u00dfkapitals in Bedr\u00e4ngnis.
Neoliberale Disziplinierungsverh\u00e4ltnisse
Schl\u00fcsselfragen zum Video sind nat\u00fcrlich, wer es zu welchem Zweck aufgenommen hat und warum es erst jetzt ver\u00f6ffentlicht wurde. Die FP\u00d6 selbst schiebt die Sache mal auf Geheimdienste, mal \u2013 warum auch immer \u2013 auf den Politikberater Tal Silberstein, mal auf Jan B\u00f6hmermann, der offensichtlich schon vor Monaten von dem Video wusste, dann wieder auf das Zentrum f\u00fcr politische Sch\u00f6nheit. Dahinter liegt weniger durchdachte \u00dcberlegung, sondern mehr ein Ausschlagen in alle Richtungen, um die Schuld von sich selbst abzulenken. Das ist gute rechte Praxis, geht aber am Kern der Sache vorbei.
Im Westen ist es \u00fcblich, sofort \u201eVerschw\u00f6rungstheorie\u201c zu schreien, wenn das Wort Geheimdienst nur in den Mund genommen wird. Dabei g\u00e4lte es, Geheimdienste \u2013 im materialistischen Sinne \u2013 als einen Akteur im Staat zu verstehen, der im Verh\u00e4ltnis zu und im teilweisen B\u00fcndnis mit anderen Fraktionen in Staat und Gesellschaft agiert. Die Geheimdienste sitzen nicht einfach nur herum und essen Kuchen, sondern haben ein gewaltiges Budget und enorme technische und rechtliche M\u00f6glichkeiten, die sie auch einsetzen. Klar ist: Das Video hat irgendjemand \u2013 eine Institution oder Gruppe von Institutionen beziehungsweise Personen \u2013 geplant, aufgenommen und ver\u00f6ffentlicht. Wer auch immer hinter der Sache steckt, hat das ganz offensichtlich in Abstimmung oder Verhandlung mit verschiedensten politischen und gesellschaftlichen Kr\u00e4ften gemacht \u2013 und viel Arbeit hineingesteckt.
Der Zeitpunkt, n\u00e4mlich eine Woche vor den EU-Wahlen am 26. Mai, d\u00fcrfte wohl auch nicht zuf\u00e4llig sein. Angela Merkel war auch sofort zur Stelle, um bei ihrem Auftritt in Zagreb am Tag nach Erscheinen des Videos vor Rechtspopulismus in der EU zu warnen, der die gemeinsamen Werte der Union gef\u00e4hrde. Sie vermied dabei den direkten Bezug auf \u00d6sterreich, die Botschaft war aber klar.
Es gibt aber auch Ger\u00fcchte, dass das Video seit Monaten verschiedensten Medien, Menschen und Institutionen angeboten worden war. Dass Jan B\u00f6hmermann davon wusste, ist ein Indiz eben daf\u00fcr; der Falter-Chefredakteur Florian Klenk sprach davon, dass es seit einem Jahr \u201eGer\u00fcchte\u201c bez\u00fcglich eines solchen Videos in der journalistischen Szene g\u00e4be. Auch gibt es seit l\u00e4ngerem Ger\u00fcchte \u00fcber die Einleitung m\u00f6glicher Neuwahlen in \u00d6sterreich. Dieser Vorlauf w\u00fcrde darauf hindeuten, dass das Video die anderen Politiker*innen eben nicht \u201eschockiert\u201c hat, sondern wochen- oder monatelang Verhandlungsgegenstand auf unterschiedlichen Ebenen war.
Und so funktioniert eben b\u00fcrgerliche Politik. Allianzen werden geformt und wieder gebrochen, alle Akteure versuchen, sich selbst gut zu positionieren und zu ihrem eigenen Vorteil zu arbeiten. Staatliche Institutionen, Kapitalfraktionen und auch politische Parteien sind dabei keine homogenen, in sich abgeschlossenen Einheiten, sondern dynamische Konkretisierungen und Materialisierungen von Kr\u00e4fteverh\u00e4ltnissen und verschiedensten Willen. In der fortdauernden Krise des kapitalistischen Systems und der zunehmenden Unzufriedenheit in der Bev\u00f6lkerung diente der Rechtspopulismus den Herrschenden sehr gut dabei, die gesellschaftlichen Widerspr\u00fcche reaktion\u00e4r zu bearbeiten und gesellschaftliches Widerstandspotential in rassistische, rechte Bahnen zu leiten, womit die bestehende Ordnung trotz aller Unzufriedenheit nicht fundamental in Frage gestellt werden sollte. Gleichzeitig wurden aber auch der Umbau von Staat und Gesellschaft als Form der Krisenl\u00f6sung vorangetrieben, \u201eklassische\u201c Konservative und Rechtspopulisten wurden darin teilweise austauschbar. W\u00e4hrend rechte Parteien und Bewegungen diese Funktionen erf\u00fcllten, wollten sie aber \u2013 gem\u00e4\u00df der Logik der Sache \u2013 auch f\u00fcr sich immer mehr herausschlagen. Wo sie zu weit gehen und die Bahnen der ihnen zugedachten Funktionen verlassen, dort m\u00fcssen sie diszipliniert, eingeschr\u00e4nkt und wieder in kontrollierbare Bahnen gelenkt werden, solange das noch m\u00f6glich ist.
Von Chancen und Schadensbegrenzungen
Die Wahrscheinlichkeit von weiteren Ver\u00f6ffentlichungen ist recht hoch. Auch die R\u00fccktritte und Aufk\u00fcndigungen von Koalitionen d\u00fcrften weitergehen: Neben der Neuwahl im Bund wird auch im Bundesland Burgenland, wo es eine SP\u00d6-FP\u00d6 Koalition gab, neu gew\u00e4hlt, nachdem Landeshauptmann Doskozil die Koalition aufk\u00fcndigte. Zugleich hat der Wahlkampf f\u00fcr die vorzeitige Wahl, die vermutlich im September abgehalten wird, schon begonnen \u2013 Kurz\u2019 Rede war eine eindeutige Wahlkampfrede \u2013 und die EU-Wahl steht unmittelbar an.
Kurz hofft sicher darauf, dass die \u00d6VP bei der anstehenden Neuwahl einen noch viel h\u00f6heren Prozentsatz einf\u00e4hrt und die Geschicke im Land mehr oder weniger alleine in die Hand nehmen kann. Um das zu erreichen, positionierte auch er sich als Opfer \u2013 n\u00e4mlich als Opfer der rechten Eskapaden der FP\u00d6. Dass er erst die FP\u00d6 in die Regierung geholt und Strache hoff\u00e4hig gemacht hatte, das versucht er nun tunlichst zu verschweigen. Man k\u00f6nnte auch sagen, dass es in \u00d6sterreich \u2013 besonders in der \u00d6VP \u2013 Tradition hat, dass diejenigen, die den Faschisten den Weg bereiten, sich dann als deren Opfer und zugleich als letzte Hoffnung auf Rettung von eben diesen darstellen.
Die FP\u00d6 dagegen versucht sich im Moment in einer Doppelstrategie: Einerseits wird sie wohl mit einem Waldheim\u2019schen \u201eJetzt erst recht!\u201c, \u201edie ganze Welt ist gegen uns\u201c und dergleichen Rhetorik ihre ebenfalls so geliebte Opferrolle einnehmen und so versuchen, einen zu gro\u00dfen Absturz zu verhindern. Norbert Hofer, der neugew\u00e4hlte Parteichef und fr\u00fchere Bundespr\u00e4sidentschaftskandidat, soll die Partei wieder hoff\u00e4hig machen und ihr ein b\u00fcrgerlich-akzeptables Antlitz verpassen.
Bereits in seiner ersten Pressekonferenz verwies Hofer darauf, dass er keinen Schmutzk\u00fcbelwahlkampf f\u00fchren werde. Er lobte die Rolle der Medien, namentlich auch das linkliberale Magazin Falter, dass an der Ver\u00f6ffentlichung des Videos beteiligt wurde. Sp\u00e4ter wies er auch Ger\u00fcchte \u00fcber eine m\u00f6gliche neue Funktion Straches innerhalb der FP\u00d6 zur\u00fcck und meinte, der R\u00fccktritt Straches sei angesichts seiner Aussagen richtig und notwendig. Hofer ist aber ideologisch stramm deutschnational, was diese Bes\u00e4nftigung als nur kurzfristig funktional entlarvt. Strache seinerseits hat auf seiner Facebook-Seite auch schon gleich die Unterst\u00fctzung Hofers angek\u00fcndigt und seiner Anh\u00e4nger*innen aufgefordert, dies ebenfalls zu tun. Strache ist f\u00fcrs Erste angeschlagen und d\u00fcrfte auch mit rechtlichen Konsequenzen zu rechnen haben. Aber es ist viel zu fr\u00fch um ihn abzuschreiben. Und es ist ohnehin viel zu fr\u00fch, die FP\u00d6 abzuschreiben.
Die Hauptoppositionspartei SP\u00d6 versucht sich dagegen offensichtlich als \u201estaatstragend\u201c. Parteichefin Rendi-Wagner betonte, dass jetzt das Wichtigste die Stabilit\u00e4t des Landes sei und ihre Partei bereit sei, sich daf\u00fcr einzusetzen. Damit spiegelte sie nur die Redeblasen von Kurz und seiner diversen Stellvertreter wider, die ebenfalls die \u201eStabilit\u00e4t\u201c hervorhoben. Statt nach prinzipienfester Opposition klingt das nach dem Wunsch einer gro\u00dfen Koalition in Folge der n\u00e4chsten Wahl. So liefert die SP\u00d6 eine schwache Performance \u2013 und das gleich in den ersten Tagen, nachdem das Projekt \u00d6VP-FP\u00d6 \u00f6ffentlich an die Wand gefahren ist.
Zeit f\u00fcr eine linke Offensive
Das gro\u00dfe Problem in der momentanen Situation in \u00d6sterreich ist das Fehlen einer fundamentalen Opposition. Die an Klassenpolitik orientierte Linke ist schwach und auch wenn sie am Samstag bei der Demonstration vor dem Bundeskanzleramt stark vertreten war, so ist ihr Einfluss insgesamt auf Bundesebene gering.
Dabei w\u00e4re gerade jetzt der Zeitpunkt, um strukturelle und fundamentale Opposition gegen die Machenschaften der Herrschenden zu machen. Der Bev\u00f6lkerung wurde ganz offen die Schamlosigkeit f\u00fchrender Politiker vor Augen gef\u00fchrt, samt vermuteter Korruption und Verfilztheit von Staat und Kapital, von Politiker*innen und Reichen.
Das b\u00f6te die Basis f\u00fcr eine Kampagne nicht nur gegen Strache, nicht nur gegen korrupte \u00dcbertretungen, sondern gegen den rechtsautorit\u00e4ren Staatsumbau, gegen die Beschneidung der Rechte der abh\u00e4ngig Besch\u00e4ftigten, gegen rassistische und migrant*innenfeindliche Politik.
Der Legitimit\u00e4tsverlust in der Bev\u00f6lkerung darf nicht untersch\u00e4tzt werden. Bundespr\u00e4sident Van der Bellen hat das richtig erkannt und von der Wiederherstellung des Vertrauens gesprochen. Die herrschende Klasse d\u00fcrfte sich dieses Problem ebenfalls bewusst sein und schon nach neuen Strategien Ausschau halten, um Staat und Gesellschaft, auch Medien, Kunst, Kultur,Bildungssystem und dergleichen, trotz des kurzfristigen R\u00fcckschlags kontinuierlich weiter nach rechts zu verschieben. Die Linke muss jetzt in dieser Situation gemeinsam Strategie und Taktik entwickeln, um dem Umbau des Staates ein alternatives gesellschaftliches Projekt entgegenzusetzen und die Interessen der abh\u00e4ngig Besch\u00e4ftigten zu st\u00e4rken. Die aktuelle Krise ist ein wichtiger Zeitpunkt daf\u00fcr.