Ohne den Staat: Kolumbianische Bauern beseitigen Koka-Pflanzungen
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\n\n\n \n \n\n \n \n \n \n \n \n Omar Uran\n \n
\n Die Beseitigung des Kokas in Arauca war das Werk der Bauern
Das Departamento Arauca \u2013 im Osten Kolumbiens \u2013 wurde am 22. M\u00e4rz 2018 zum Territorium ohne illegale Pflanzungen erkl\u00e4rt. Dies wurde unter Beteiligung der sozialen und popul\u00e4ren Organisationen, der UNO, der staatlichen Agentur f\u00fcr die Substitution illegaler Pflanzungen und dem Minister f\u00fcr Post-Konflikt in der Gemeinde Arauquita verk\u00fcndet.Was diese Erkl\u00e4rung auszeichnet, ist, dass das Erreichte dem Widerstand, der Mobilisierung und Organisation der B\u00e4uerinnen und Bauern in Arauca zu verdanken ist. Diese haben trotz jahrelanger staatlicher Vernachl\u00e4ssigung und Gewalt kollektive \u00f6konomische Alternativen f\u00fcr das Leben entwickelt \u2013 wie zum Beispiel den Anbau von Lebensmitteln f\u00fcr den Konsum in der Region und im Land.
Carlos N\u00fa\u00f1ez, Landarbeiter und Aktivist des linken Kleinb\u00e4uerInnenverbandes Asociaci\u00f3n Nacional Campesina Jos\u00e9 Antonio Gal\u00e1n Zorro (ASONALCA), welcher Teil des nationalen Kleinb\u00e4uerInnennverbundes Coordinador Nacional Agrario (CNA) ist, berichtet uns \u00fcber diese Erfahrung:
Wie war die Situation in Arauca, als noch Koka angebaut wurde?
Dieses Territorium wurde in den 1950er und 1960er Jahre, als Folge des konservativ-liberalen Krieges, den der Staat gegen die Bauernschaft f\u00fchrte, kolonisiert. Mit dem Wachstum der Bev\u00f6lkerung in Arauca wuchsen auch die Bed\u00fcrfnisse, die der Staat unbefriedigt lie\u00df. 1970 begann der Anbau von Koka und Marihuana, was die Entstehung einer Mafiakultur des Trinkens und der Prostitution und einen R\u00fcckgang der Lebensmittelproduktion zur Folge hatte. Au\u00dferdem h\u00f6rten die sozialen Organisationen auf vom Staat Respekt f\u00fcr die Rechte der Gemeinschaften zu fordern. Gleichzeitig mit dem Ausbreitung dieser Pflanzungen nahmen staatliche Repression und Verfolgung zu.Im Jahr 2002 erkl\u00e4rte das Regime von Uribe Arauca zur Zone der Konsolidisierung und Sanierung, was die Form einer extremen Repression gegen die Bauernschaft annahm. Soziale AktivistInnen wurden rechtlich verfolgt, B\u00e4uerinnen und Bauern ermordet und die Ausrottung der Pflanzungen wurde als Waffe zur Vertreibung derjenigen eingesetzt, die auf ihren Grundst\u00fccken \u00fcber Koka-Pflanzung verf\u00fcgten. All dies half den B\u00e4uerinnen und Bauern die Entscheidung zu treffen, Koka durch Lebensmittel zu ersetzen.
Zwischen 2007 und 2009 beseitigte die araucanische Bauernschaft die Koka-Pflanzungen in den Gemeinden Saravena, Fortul, Arauquita und Tame, und damit 80 Prozent der gesamten Anbaufl\u00e4che. In Arauca gab es damals ungef\u00e4hr 5.000 Hektar Koka, die zum Ziel der b\u00e4uerlichen Beseitigung wurden (Offizielle Stellen sprachen damals nur von 2.000 Hektar).
Wie funktionierte der gemeinschaftliche Prozess der Beseitigung und Ersetzung der Kokapflanzen durch Lebensmittel-Produktion?
Die Leute hatten Angst die Pflanzen zu roden, weil sie sagten, dass sie dann an Hunger sterben w\u00fcrden. Diese Pflanze brachte die R\u00fcckst\u00e4ndigkeit nach Arauca, da sie keine gro\u00dfe Infrastruktur ben\u00f6tigt. So kann beispielsweise das Benzin, das f\u00fcr die Kokaproduktion ben\u00f6tigt wird, zu Pferd transportiert werden, ohne dass Stra\u00dfen oder Produktionsgarantien des Staates erforderlich sind. Als die Gemeinschaften von Arauca die Entscheidung zur Beseitigung des Kokas trafen, starb niemand an Hunger \u2013 es ging soweit, dass sie die Existenz der Pflanze verga\u00dfen. Heutzutage sind die Lebensbedingungen, die Produktion, die Forschung und Technologie sowie die Organisation der B\u00e4uerinnen und Bauern besser.Jetzt gibt es eine stabile \u00d6konomie mit besseren Lebensbedingungen, weil die R\u00fcckst\u00e4ndigkeit, die das Koka einem auferlegt, hinter sich gelassen wurde. Es wurden Gremien f\u00fcr Kochbananen, Yuca, Cacao, Fleischwirtschaft, Milchproduktion, usw. organisiert und Vertriebswege f\u00fcr diese Lebensmittel im Land eingerichtet.
Wie hat der Staat auf diesen Prozess reagiert?
Die Regierung redet viel \u00fcber Anti-Drogen-Politik, aber dem Staat n\u00fctzt es dass die Koka-Pflanzungen existieren. Sie sind notwendig, um die Aufrechterhaltung des Milit\u00e4rapparats zu rechtfertigen, der daf\u00fcr da ist den Krieg gegen die Bev\u00f6lkerung zu f\u00fchren. Das Koka ist ein vorgeschobener Grund, der die Menschen ablenken soll und dabei hilft die staatliche Repression aufrechtzuerhalten. Als das Koka von der Bauernschaft beseitigt wurde, hat der Staat das weder anerkannt, noch hat er den Gemeinschaften geholfen. Die Leute gingen zur Antidrogenpolizei und zum Verteidigungsministerium, um sich ein Zertifikat f\u00fcr die Beseitigung geben zu lassen, welches das Establishment ihnen aber nie lieferte.Die Gefahr die vom Koka ausging war eine Politik der Vertreibung der B\u00e4uerinnen und Bauern Araucas durch die Regierung. Durch Paramilitarismus, die rechtliche Verfolgung und Verurteilung von sozialen AktivistInnen, die Bespr\u00fchung von Pflanzungen und den Entzug des Eigentums wollte sie uns von unserem Territorium entfernen, weil es dort nat\u00fcrliche Ressourcen wie Erd\u00f6l gab.
Was sind die Vor- und Nachteile der Beseitigung von Koka?
Der Vorteil ist, dass das Territorium die Rolle der Nahrungsmittelproduktion, der Verbesserung der Wirtschaft, der Schaffung eines sozialen Raumes sowie des Schutzes der Umwelt \u00fcbernimmt. Die Bauernschaft \u00fcbernimmt die Aufgabe der Erhaltung und des Schutzes des Territoriums, l\u00e4sst die Mafiakultur hinter sich und bewegt sich in Richtung einer gerechteren und kritischeren Gesellschaft, die Wissenschaft, Technik und Technologie im Territorium entwickelt.Die B\u00e4uerinnen und Bauern, die Koka anbauen, bleiben in der R\u00fcckst\u00e4ndigkeit und werden stigmatisiert. Die Droge, die aus den Koka-Pflanzen hergestellt wird, gef\u00e4hrdet junge Menschen und andere, die sie konsumieren. So passiert es zum Beispiel den Kindern der B\u00e4uerinnen und Bauern, die zur Universit\u00e4t gehen und dort aus irgendwelchen Gr\u00fcnden die Drogen kennen lernen, die aus dem Prozess des Koka-Anbaus stammen. Das ist eines von vielen Beispielen f\u00fcr die Folgen des Anbaus dieser Pflanze.
Ein weiterer Vorteil der Beseitigung des Kokas ist das Verschwinden von Faktoren die mit dieser Pflanze einhergehen \u2013 wie der Gewalt, dem sozialen Zerfall, der Desorganisierung, der Verschmutzung der Natur und der Vernachl\u00e4ssigung des Schulbesuchs. Es ist vorteilhaft f\u00fcr das Leben, das Territorium und die b\u00e4uerliche Kultur, und st\u00e4rkt die Forderung nach Rechten f\u00fcr die Kleinb\u00e4uerInnen gegen\u00fcber dem Staat. Wir sind in der Pflicht einen Vorschlag zu einer Transformation zu machen, um das Koka hinter uns zu lassen und einen neuen Mann und eine neue Frau zu schaffen.
Was schlagt ihr den Gemeinschaften vor, die das Koka noch nicht aus ihren Territorien beseitigt haben?
F\u00fcr diese Gemeinschaften braucht es einen nationalen Plan, der vom Staat Garantien zur Erzeugung von Nahrungsmitteln einfordert und uns in eine nationale und internationale Agrarmacht verwandelt. Wie sollten eine Bestandsaufnahme des Binnenverbrauchs vornehmen, um zu wissen was wir im Inland produzieren k\u00f6nnen und was wir exportieren k\u00f6nnen, damit Kolumbien eine Macht der Nahrungsmittelversorgung wird, statt eine Macht des Krieges zu sein. Unser Ziel ist es unsere nat\u00fcrlichen Reicht\u00fcmer f\u00fcr eine gesunde Produktion f\u00fcr die Welt zu nutzen; die Schaffung einer zukunftsf\u00e4higen und nachhaltigen Wirtschaft auf Grundlage der organisierten Arbeit der Bauern und B\u00e4uerinnen.\u00dcbersetzung: Christopher Altgeld
Erschienen ist das Interview am 09/04/2018 auf Periferia. Als Autor wird die Secretar\u00eda de Comunicaci\u00f3n y Formaci\u00f3n del CNA (Kleinb\u00e4uerInnenverband) angegeben.