,,Nicaragua steht vor der Gefahr einer Versch\u00e4rfung der Gewalt\u201c
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Die Situation in Nicaragua ist unver\u00e4ndert explosiv. re:volt-Redakteur \nJan Schwab spricht mit dem italienischen Journalisten und \nLateinamerikaaktivisten Giorgio Trucchi, der seit Beginn des militanten \nAufstands im Land ist und \u00fcber die Auseinandersetzungen zwischen \nOpposition und Ortega-Regierung berichtet,\u00a0 \u00fcber die aktuellen \nEntwicklungen im mittelamerikanischen Land.
Jan [re:volt]: Guten Tag Herr Trucchi. Sie\nberichten seit Beginn der Krise am 18. April aus dem\nmittelamerikanischen Land. Wie stellt sich die aktuelle\nKonfliktsituation aus Ihrer Perspektive dar?
\n\nGiorgio Trucchi: Die\nSituation hier ist um einiges komplizierter, als sie in den\ninternationalen Medien erscheint. Diese berichten \u00fcber die\npolitische Situation als spontanem Protest gegen die Reform des\nSozialsystems (INSS), der durch die staatliche Repression in einen\nVolksaufstand umschlug. Man muss aber viel mehr Elemente des\nKonflikts ber\u00fccksichtigen, sowohl seitens der Regierung als auch der\nOpposition. Dieser Konflikt weist zwei zentrale Dimensionen auf:\nEinmal die Situation im Land, und dann die internationale\nKonstellation, in der Nicaragua sich befindet. Sicherlich wiesen die\nProteste gegen die Reform des Sozialsystems zu Beginn einen spontanen\nCharakter auf. Es handelte sich um Proteste, die von den\nUniversit\u00e4ten ausgingen und die durch militante Gruppen der\nRegierung, aber auch von den Polizeistreitkr\u00e4ften, mit Gewalt und\nRepression \u00fcberzogen wurden. Gegen\u00fcber dieser Repression antwortete\nein Teil der Protestierenden auf militante Art und Weise. Das war\nauch der Moment, an dem die Proteste von politischen Str\u00f6mungen\ninfiltriert wurden, die ein Interesse an der Erh\u00f6hung des\nKonfliktniveaus hatten. Diese Infiltration war insbesondere aufgrund\nder ungerechtfertigten Brutalit\u00e4t der Polizeieinheiten m\u00f6glich. Zur\nselben Zeit startete eine mediale Kampagne, die unter anderem\nNachrichten \u00fcber angebliche Massaker der Polizeikr\u00e4fte in den\nsozialen Netzwerken verbreitete. Auch das diente dazu, das\nKonfliktniveau zu erh\u00f6hen. Es gibt keinen Zweifel daran, dass diese\nKampagne von zahlreichen NGOs betrieben wurde, die von den USA und\nihren Stiftungen, wie der NED, der IRI oder der NDI, finanziert\nwerden. Diese zwei Momente, die Infiltration der Proteste und die\nmediale Kampagne erzeugte eine heftige Reaktion in der Bev\u00f6lkerung\nNicaraguas. In den Stra\u00dfen fanden sich so zun\u00e4chst nicht nur\nAnh\u00e4ngerInnen der Opposition oder Studierende, sondern auch Teile\nder sandinistischen Basis wieder. Letztere protestierten vor allem\ndeshalb mit, weil die Regierung Ortega-Murillo (bezieht sich auf das\nRegierungshandeln von Pr\u00e4sident Daniel Ortega und Vizepr\u00e4sidentin\nRosario Murillo, Anm. Redaktion) in den vergangenen Jahren immer\nautorit\u00e4rer und vertikaler durchregiert \u2013 bei gleichzeitiger\nMachtkonzentration im Staatsapparat. Das erzeugt auch ein massives\nUnbehagen in der eigenen Anh\u00e4ngerInnenschaft. Die Zusammensetzung\nder Proteste in den ersten Tagen war also sehr vielf\u00e4ltig. In der\nderzeitigen Situation kann man sagen, dass die urspr\u00fcnglich\nspontanen Proteste sich \u00fcber die Einmischung militanter Sektoren in\ndurchweg gewaltt\u00e4tige Proteste gewandelt haben. \n\n
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\nJan [re:volt]: Und die internationale\nDimension\u2026.
\n\nGiorgio Trucchi: Die\nSituation in Nicaragua weist einige Aspekte auf, die der Krise in\nVenezuela gleichen und die mit der Rolle der USA im Konflikt zu tun\nhaben. Es ist allerdings nicht das Ziel der USA, Nicaragua an den\nRand eines B\u00fcrgerkriegs zu man\u00f6vrieren, weil Nicaragua aufgrund\nseiner zentralen Position einen hohen strategischen Wert hat.\nAufgrund seiner Lage in Mittelamerika ist Nicaragua eine lukrative\nBasis f\u00fcr das organisierte Verbrechen, wie den Drogenhandel. Eine\nanhaltende chaotische Situation w\u00fcrde zudem die Migrationswelle aus\nNicaragua in die USA intensivieren \u2013 ein Szenario, das nicht im\nInteresse der aktuellen US-Administration ist. Es geht den USA also\nnicht um eine konstante Destabilisierungssituation in Nicaragua. Aber\nnat\u00fcrlich versucht die US-Administration, ihren Vorteil aus der\npolitischen Krise zu ziehen, um m\u00f6glicherweise die FSLN-Regierung\n(die FSLN ist die sandinistische Regierungspartei Ortegas, Anm.\nRedaktion) loszuwerden. Was die internationale Dimension angeht,\nversuchen sie nat\u00fcrlich auch, die sich in den vergangenen Jahren\nverst\u00e4rkende russische Pr\u00e4senz in Nicaragua zur\u00fcckzudr\u00e4ngen. Und\nnat\u00fcrlich auch die chinesische Pr\u00e4senz, die sich im umstrittenen\nInterozeanischen Kanalprojekt widerspiegelt. Wir d\u00fcrfen hierbei\nzudem nicht vergessen, dass die Regierung Ortega seit Jahren alle\nLinkregierungen des Kontinents unterst\u00fctzt hat, in Venezuela,\nBolivien, Kuba und so weiter. Das sind allesamt Regierungen, die f\u00fcr\neinen Widerstand gegen den US-Einfluss in Lateinamerika stehen. Also\nhaben die USA \u00fcber Jahre hinweg den NGO-Sektor der Opposition in\nNicaragua finanziert und mit ihr den medialen Komplex, der nun die\nsozialen Netzwerke mit Falschinformationen flutet. Sie ergreifen nun\nlediglich eine sich bietende Chance.\n
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\nJan [re:volt]: Es gibt in der internationalen\nPresselandschaft viele Stimmen, welche die Regierung Ortega-Morillo\nals autorit\u00e4r und neoliberal bezeichnen. W\u00fcrden Sie dieser\nCharakterisierung zustimmen?
\n\nGiorgio Trucchi: Man\nkann das derzeitige Modell in Nicaragua in jedem Fall nicht mit\nanderen \u00f6konomischen und politischen Modellen in Zentralamerika oder\nEuropa vergleichen. Um ein genaueres Bild zu erhalten, muss man sich\ndie Widerspr\u00fcche anschauen. Zun\u00e4chst einmal zu den offensichtlichen\nFortschritten, welche die Regierung durchsetzte: Unter Ortega kam es\nzu Verbesserungen des Lebensstandards der Menschen, die Umverteilung\ndes Reichtums wurde vorangetrieben, ebenso die makro\u00f6konomische\nKontrolle, der Ausbau der Infrastruktur, die Verringerung der Armut\nund der Ausbau der \u00f6ffentlichen Mindestversorgung. Das alles geschah\nin einem beeindruckenden Ausma\u00df. Um das politische System zu\nverstehen, muss man wissen, dass der historische\nrevolution\u00e4r-sandinistische Prozess in den 1980er Jahren von zwei\nM\u00e4chten sabotiert wurde: Von der katholischen Kirche und der\nPrivatwirtschaft. Daher war das erste, was die neo-sandinistische\nRegierung machte, als sie 2007 an die Macht kam, mit genau diesen\nSektoren ein B\u00fcndnis einzugehen. Das Abtreibungsverbot ist eines der\nResultate dieses B\u00fcndnisses. Es erzeugte einen Bruch der FSLN mit\nden sozialen Bewegungen in Nicaragua, vor allem aber mit der\ninternationalen Solidarit\u00e4tsbewegung. Das Resultat des B\u00fcndnisses\nmit der Privatwirtschaft war der sogenannte ,,Nationale Konsens\u201c,\nder in den vergangenen Jahren erstaunlich gut funktionierte. Unter\ndiesem Konsens transformierte sich Nicaragua in eines der sichersten\nL\u00e4nder Zentralamerikas, was sozialen Sicherheit und\nWirtschaftswachstum anbelangte. Die Regierung war dennoch\ngleichzeitig von einem steigenden Autoritarismus gepr\u00e4gt. Das zeigte\nsich etwa dadurch, dass die Zug\u00e4nge zu unabh\u00e4ngiger Information\nimmer weiter eingeschr\u00e4nkt wurden. Die Ma\u00dfnahmen n\u00e4hrten die\nUnzufriedenheit in der Bev\u00f6lkerung. Es gab zwar Presse- und\nMeinungsfreiheit, es wurden auch keine JournalistInnen get\u00f6tet, aber\nes gab immer weniger M\u00f6glichkeiten, den Beruf auszu\u00fcben.\nGleichzeitig gab es auch eine Integration der Gewerkschaften, die\ndadurch ihre Unabh\u00e4ngigkeit verloren. Aber: F\u00fcr eine Regierung mit\nderart starkem sozialen Profil, die den Forderungen sowohl der\nPrivatwirtschaft, als auch des Internationalen W\u00e4hrungsfonds in\nBezug auf die Reform der Sozialgesetzgebung widerstand \u2013 beide\nInstitutionen schlugen viel sch\u00e4rfere Ma\u00dfnahmen vor \u2013 ist das\nEtikett ,,neoliberal\u201c wenig zutreffend und nichtssagend. \n\n
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\nJan [re:volt]: Laut der parlamentarischen\nWahrheitskommission sind bislang ca. 200 Personen im Rahmen der\nProteste ums Leben gekommen. Wer ist f\u00fcr diese immense Todeszahl\nverantwortlich?
\n\nGiorgio Trucchi: Es\ngibt hier viele NGOS und auch internationale\nUntersuchungsinstitutionen, wie zum Beispiel das CIDH (Die\nMenschenrechtskomission der OAS \u2013 Anm. Redaktion),\ndie die Schuld einseitig der Regierung zuweisen. Aber das kann man so\nnicht machen. Die Kalkulation von ungef\u00e4hr 200 Toten umfasst neben\ntoten Oppositionellen alle weiteren Opfer der vergangenen Monate, das\nhei\u00dft, auch tote PolizistInnen und Regierungsanh\u00e4ngerInnen. Meiner\nMeinung nach sind beide Seiten gleicherma\u00dfen verantwortlich f\u00fcr das\nGewaltszenario und die Todeszahlen, weil beide Seiten bewaffnet und\nin gewaltt\u00e4tige Auseinandersetzungen verstrickt sind. Die Regierung\nbefindet sich zur Zeit in einer Defensivposition und wird von\nbewaffneten Gruppen der Opposition attackiert. Andererseits gibt es\nauch irregul\u00e4re regierungsnahe Milizen, die die Polizei bei ihren\nStreifz\u00fcgen begleiten.\n
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\nJan [re:volt]: Welche dominanten Kr\u00e4fte machen\nSie in der Opposition gegen die sandinistische Regierung nach zwei\nMonaten Auseinandersetzungen aus?
\n\nGiorgio Trucchi: In\nder Opposition lassen sich zwei unterscheidbare Fraktionen\nidentifizieren. Eine moderatere Fraktion, die von der\nPrivatwirtschaft, einigen Teilen der katholischen Kirche, einigen\nTeilen der Studierenden und zu kleinem Teil von der Zivilgesellschaft\ngestellt wird. Und eine radikale Fraktion, die aus den\nkonservativsten Teilen all dieser Institutionen zuz\u00fcglich des\nNGO-Sektors besteht. Beide Fraktionen eint das Ziel, die Regierung zu\nst\u00fcrzen. Der moderate Teil der Opposition genie\u00dft den R\u00fcckhalt der\nUSA und der OAS (Organisation Amerikanischer Staaten, Anmerkung\nRedaktion) f\u00fcr die Verhandlungen mit der sandinistischen Regierung.\nSie nehmen an den Verhandlungen teil, um eine Verfassungsreform sowie\neine Reform des Wahlrechts zu erreichen und Neuwahlen anberaumen zu\nk\u00f6nnen. Der radikalere Teil der Opposition will die Regierung und\ndie FSLN auf gewaltt\u00e4tige Art und Weise loswerden. Man interessiert\nsich nicht f\u00fcr Wahlen oder einen Nationalen Dialog. Das Ziel der\nFraktion ist nicht nur der R\u00fccktritt von Ortega und Murillo, sondern\nder aller derzeitigen staatlichen Autorit\u00e4ten. Sie planen, eine\nprovisorische Junta an ihre Stelle zu setzen und eine\nverfassungsgebende Versammlung einzuberufen. Dieses Ziel ist\nvollkommen abseits jeder Verfassungsm\u00e4\u00dfigkeit und speist sich aus\neinem vorgeblichen politischen Szenario, dass es so nicht gibt;\nn\u00e4mlich, dass der Pr\u00e4sident mit der Verfassung und den staatlichen\nGewalten aufger\u00e4umt habe. Gl\u00fccklicherweise genie\u00dft dieser Teil der\nOpposition keine internationale Unterst\u00fctzung. S\u00e4mtliche\ninternationalen Institutionen, die in den Konflikt in Nicaragua\ninvolviert sind, inklusive der USA, bevorzugen eine demokratische und\nverfassungskonforme L\u00f6sung. Nur wenige ultrakonservative Sektoren\nder US-Politik unterst\u00fctzen die radikalere L\u00f6sung. \n\n
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\nJan [re:volt]: Und in der\nOpposition finden sich keine Kr\u00e4fte links der FSLN?
\n\nGiorgio Trucchi: Es\ngibt keine bedeutende au\u00dferparlamentarische Linke in Nicaragua. Was\nes gibt, ist eine fragmentierte soziale Bewegung, die sich eine\ngewisse Radikalit\u00e4t gegen\u00fcber neoliberalen und spezifischen\nnational\u00f6konomischen Modellen in Nicaragua bewahrt hat. Die\nAktivistInnen werfen der FSLN zum Beispiel vor, dass sie dem g\u00e4ngigen\nneo-extraktivistischen Modell (Rohstoff-Export und Raubbau der\nnationalen Ressourcen, Anm. Redaktion) folge. Sie haben damit bis zu\neinem bestimmten Grad Recht, vor allem, wenn es um die Ausbeutung\nnat\u00fcrlicher Ressourcen geht oder den Ausbau von\nMonokulturanbaufl\u00e4chen. Zugleich kann eingewendet werden, dass diese\nEntwicklungen in keinem Vergleich zu \u00f6konomischen Modellen in den\nanderen L\u00e4ndern Zentralamerikas stehen. Hier in Nicaragua gibt es\nmassive soziale Investitionen in l\u00e4ndliche Regionen als Folge der\nUmverteilung des Reichtums. Die Gruppen, die f\u00fcr sich in Anspruch\nnehmen, die ,,wahre Linke\u201c zu sein, sind eigentlich Konservative,\nwie zum Beispiel das Movimiento Renovador Sandinista (MRS), das in\nden 1990er Jahren als Abspaltung aus der FSLN hervorging. Um ihre\nzugrundeliegende konservative ideologische Position zu erkennen,\nreicht es aus, ihre F\u00fchrerInnen \u00fcber ihre Meinung bez\u00fcglich der\nbolivarischen Allianz ALBA, bez\u00fcglich L\u00e4ndern wie Venezuela, Kuba,\nBolivien oder Parteien, die mit der FSLN verb\u00fcndet sind, wie der\nFMLN in El Salvador, LIBRE in Honduras oder der PT in Brasilien, zu\nbefragen.\nDie wird nicht gut ausfallen. Exakt diese Str\u00f6mungen der Opposition\nsind in der derzeitigen Krise Teil der radikalsten Kr\u00e4fte. \n\n
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\nJan [re:volt]: Sie haben\nbereits zuvor die mediale Dimension des Konflikts in Nicaragua\nangesprochen. Welche Rolle spielen Ihrer Meinung nach die\ninternationalen Medien?
\n\nGiorgio Trucchi: Wenn\nwir \u00fcber die sozialen Medien sprechen, sprechen wir nicht \u00fcber\nInformationen, sondern \u00fcber Informationsm\u00fcll. Die \u00dcbereinstimmungen\nzwischen Nicaragua und Venezuela sind in diesem Punkt frappierend. In\nbeiden F\u00e4llen geht es hier um bezahlte Oppositions-Trolle, die\nfalsche Berichterstattungen online platzieren und diese unter\nHashtags wie #SOSNicaragua wiederholen. Diese Oppositions-Trolle\nerfinden Vorf\u00e4lle, die so nicht stattgefunden haben, und erschaffen\ndurch stetige Wiederholung eine Art virtuelle Wahrheit, die sich im\nDenken der Menschen in Realit\u00e4t \u00fcbersetzt. Dieser Informationskrieg\nwurde durch die Opposition sehr gut vorbereitet und auch durch die\nstarke Einschr\u00e4nkung von unabh\u00e4ngiger Berichterstattung seitens die\nOrtega-Regierung befeuert. In Bezug auf die internationale\nBerichterstattung merke ich, wie schnell man der einen oder der\nanderen Seite zugeordnet wird, sobald man eine Analyse zur Situation\nin Nicaragua verfasst. Dabei f\u00e4llt unter den Tisch, dass es auf\nbeiden Seiten problematische Tendenzen gibt. Wenn ich zum Beispiel\nver\u00f6ffentliche, dass die Regierung den Aufstand durch ihr\nautorit\u00e4res Durchregieren provozierte, bin ich der Verteidiger der\nOpposition. Wenn ich darauf hinweise, dass es in der Opposition\nextrem gewaltt\u00e4tige Tendenzen gibt, bin ich ein Verteidiger der\nRegierung. Die Polarisierung geht ungez\u00fcgelt weiter und es gibt kein\nInteresse an einer ausgeglichenen Position. Die internationalen\nMedien folgen damit der Tendenz, die derzeit die Gesellschaft in\nNicaragua spaltet. Sie analysieren nicht den Kontext, sondern\nbetreiben selbst Polarisierung. Und deshalb folgen 90 Prozent der\ninternationalen Medien den fabrizierten Nachrichten von angeblichen\nMassakern, Genoziden, Diktaturen oder einer friedlichen und\nunabh\u00e4ngigen StudentInnenrevolution. Aber so ist es nicht und es\nbedarf mehr Analyse, um das zu verstehen. \n\n
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\nJan [re:volt]: Wie kann\nIhrer Meinung nach der Konflikt im Land beigelegt werden? Sind die\nGr\u00e4ben schon zu tief - Droht dem Land jahrelange Unruhe?
\n\nGiorgio Trucchi: Um\ndie derzeitige Situation zu \u00fcberwinden, m\u00fcssen beide Seiten einen\nSchritt zur\u00fccktreten. Sie m\u00fcssen zur\u00fcck an den Verhandlungstisch,\num die Krise demokratisch und verfassungsgem\u00e4\u00df beizulegen. Sowohl\ninternationale Untersuchungsaussch\u00fcsse der OAS, als auch die\nnationale Wahrheitskommission haben die wichtige Aufgabe, zur\nAufkl\u00e4rung der m\u00f6rderischen Taten beizutragen, Frieden und Ruhe in\ndie Lager zu bringen und damit die Situation im Land zu\nnormalisieren. Das k\u00f6nnte die gewaltt\u00e4tigen Teile auf beiden Seiten\nisolieren und einen Friedensdialog bef\u00f6rdern. Die radikalsten Teile\nder Opposition tun ihr M\u00f6glichstes, um die Gewaltschraube weiter\nnach oben zu drehen, um Kapital f\u00fcr ihre eigene politische Agenda\nherauszuholen. Das\nist ein Teil der Protestierenden, dem es egal ist, ob es noch mehr\nTote und Chaos gibt. Wenn es keine L\u00f6sung am Verhandlungstisch gibt,\nsteht Nicaragua vor der Gefahr einer Versch\u00e4rfung der Gewalt oder\nsogar einem B\u00fcrgerkrieg \n\n