re:volt magazine Archivhttps://revoltmag.org/articles/?tags=5532019-08-27T08:43:55.840781+00:00First they take Exarchia...2019-08-26T18:36:08.719732+00:002019-08-27T08:43:55.840781+00:00John Malamatinasredaktion@revoltmag.orghttps://revoltmag.org/articles/first-they-take-exarchia/
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<link href="/static/revoltmag/app.bc8423e0087c1cde5a69.css" rel="stylesheet"><meta name="apple-mobile-web-app-title" content="re:volt mag"><meta name="apple-mobile-web-app-capable" content="no"><meta name="apple-mobile-web-app-status-bar-style" content="black"><meta name="theme-color" content="#99020b"><link rel="apple-touch-icon" sizes="180x180" href="/static/revoltmag/icon_180x180.f95a8c6b74bb715d326c7790779a0330.png"><link rel="manifest" href="/static/revoltmag/manifest.307d5e0f476ef238b243c472abadb46c.json"><link rel="icon" sizes="180x180" href="/static/revoltmag/icon_180x180.f95a8c6b74bb715d326c7790779a0330.png"><script defer="defer" src="/static/revoltmag/app.bc8423e0087c1cde5a69.js"></script>
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<h1>First they take Exarchia...</h1>
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<div class="rich-text"><p>Das rebellische Viertel Exarchia in Athen, heute morgen: Die Bilder sprechen Horrorbände. Hunderte Riotcops mit Tränengas und zugehörigen Gasmasken stehen parat. Spezialeinheiten aller Art. Motorräder. Sogar Hubschrauber. Ein ganzes Viertel gesperrt. Jeder normal denkende Mensch würde vermuten, hier bricht gleich ein Bürgerkrieg oder schlimmeres aus. Logik oder irgendwas Ähnliches – fehl am Platz. Denn dann würde das hier nicht passieren: Der griechische Staat sendet seine ganze Repressionsarmada aus, um Besetzungen von geflüchteten Migrant*innen zu räumen. Es kann nicht besser beschrieben werden als <a href="https://web.facebook.com/agavriilidis/posts/10157814789168322">in den Worten</a> des antinationalen Theoretikers Akis Gavriilidis:</p><p>„Diese Angelegenheit ist eine skandalöse Verschwendung öffentlicher Mittel, für ein Ergebnis, das nicht nur Null, sondern in jeder Hinsicht negativ ist: moralisch, rechtlich, praktisch, wirtschaftlich und was auch immer man sich vorstellen kann. Dutzende von Geflüchteten – darunter auch Kinder –, die kein Verbrechen begangen haben, einzusacken, um von Orten vertrieben zu werden, an denen sie ein menschenwürdiges Leben führten, das sie selbst mit gestaltet haben, mit der einzigen Aussicht, in eine Hölle eingesperrt zu werden, in der sie unter viel schlimmeren Bedingungen leben, die auf Passivität und Untätigkeit hinarbeiten. Ich kann nicht sehen, wen diese Aktion glücklich machen kann, abgesehen von Rassisten und Schlägern. Als griechischer Bürger fordere ich, dass mir erklärt wird, warum öffentliche Mittel für so ein unethisches, illegales und ineffektives Ergebnis verschwendet wurden.“ Oder die <a href="https://athens.indymedia.org/post/1599604/">Besetzer*innen selbst</a>: „Der faschistische Staat hat uns heute um sechs Uhr morgens vertrieben und sie bringen uns zur Polizeistation Petrou Rali. Sie haben uns aus unserem Haus geholt. Sie nehmen unsere Sachen aus dem Gebäude und schließen die Tür und blockieren den Eingang und die Fenster. Sie versuchen, uns zu begraben. Sie wissen nicht, dass wir Samen sind.“</p><p>Heute morgen wurden vier Besetzungen im Athener Stadtteil Exarchia geräumt: Spirou Trikoupi 17, Transito, Rosa de Fon und die anarchistische Besetzung Gare. Die Offensive betrifft derzeit den nordwestlichen Teil des Bezirks, ausgenommen ist bisher die Besetzung Notara 26, die als erste historische Besetzung der „Flüchtlingskrise“ in der Athener Innenstadt besser bewacht und für den Bezirk von hoher symbolischer Bedeutung ist. Es wurden 143 Personen aus zwei Gebäuden in der Spirou Trikoupi 17 mitgenommen und zur Ausländerbehörde Atticas gebracht, um dort zu untersuchen, ob sie eine legale Aufenthaltserlaubnis im Land haben. Von den 143 Menschen sind 57 Männer, 51 Frauen und 35 Minderjährige aus dem Iran, dem Irak, Afghanistan, Eritrea und der Türkei.</p></div>
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<p>Die Refugees, die in den besetzen Häusern Exarchias Zuflucht fanden, werden von der Polizei mitgenommen.</p>
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<div class="rich-text"><p>Von einem weiteren Gebäude in der Kallidromiou Straße wurden laut Polizeiinformationen drei anwesende Personen in Gewahrsam genommen und zum Athener Polizeipräsidium gebracht. Das vierte Gebäude, in der Fotila Straße, war zum Zeitpunkt der Räumung leer. Bei der Operation beteiligten sich Einheiten der Riotpolizei MAT, diverse Spezialeinheiten zur Identifizierung und Spurensicherung, sowie die Motorradpatrouille DIAS. Anscheinend wurden keine Drogen oder Waffen in den Gebäuden gefunden – von „Gefahr“ also keine Spur. Gleichzeitig ließ ein Polizeisprecher im griechischen Privatfernsehen verlauten: „Wir sind der neue geräuschlose Staubsauger, der den ganzen Müll einsaugen wird“.</p><h2><b>Unser Exarchia – ihr Exarchia</b></h2><p>Wenn es nach den Wohlhabenden geht, soll Exarchia endlich zum Vorzeigeviertel von Athen verwandelt werden. Yuppiecafés, Massentourismus und schöne Aussichtspunkte sollen dies möglich machen. Zum Glück ist die Realität noch sehr fern von dieser Vision, die seit den 1990ern immer wieder in den Köpfen der Stadtplaner*innen und Herrschenden rumgeistert.</p><p>Insgesamt gibt es 23 Besetzungen in Exarchia und 26 weitere im Bezirk, also insgesamt 49 Besetzungen, die sich auf ein relativ kleines Gebiet konzentrieren. 49 Besetzungen, zu denen weitere Formen von selbstverwalteten Orten hinzukommen, von denen einige gemietet werden – wie etwa das soziale Zentrum Nosotros –, sowie Dutzende von Privathäusern, die Aktivist*innengruppen beherbergen. Exarchia, bekannt als alternatives Stadtviertel mit linker und anarchistischer Tradition und Basis illegaler Aktivitäten jeglicher Art, war dem Staat und seinen Regierungen schon immer ein Dorn im Auge. Immer wieder muss es im öffentlichen Sicherheitsdiskurs als Beispiel des „Ausnahmezustands“ herhalten. In den letzten Jahren griffen die Konservativen die steigende Anzahl an Ausschreitungen öfter auf, um der Regierung von Alexis Tsipras Kontrollverlust vorzuwerfen. In einer Parlamentsdebatte behauptete der Chef der konservativen Nea Demokratia (ND) und damalige Oppositionsführer, Kyrgiakos Mitsotakis, dass er im Falle einer Regierungsübernahme „Exarchia aufräumen werde“. Syriza antwortete damals auf solche Vorwürfen mit der Infragestellung einer klassischen „Law-and-Order-Politik“, die nur auf „repressive Polizeieinsätze und dem Schüren von Hass aufbaut“. Dies hinderte aber die damalige Regierungspartei nicht daran, selbst Räumungen von Besetzungen von Geflücheten durchzuführen. Das Zitat von Mitsotakis macht bis heute die Runde in den sozialen Medien – den damaligen Drohungen, die belächelt wurden, folgen aber nun, da Mitsotakis Premierminister ist, Taten.</p><p>Einem Plan zufolge, an dessen Ausarbeitung und Umsetzung sich Mitarbeitende verschiedener Abteilungen der Stadt Athen wie etwa Umwelt und Straßenbau beteiligt haben, soll Exarchia regelrecht gesäubert werden – vom illegalen Drogenhandel und von Sex-Arbeit ebenso wie von Geflüchteten und „antistaatlichen Elementen“ wie etwa anarchistischen Gruppen. Die Vision sieht den Bau der U-Bahn Station Exarchia innerhalb von fünf Jahren vor, auch die Entfernung von Graffitis und den Bau neuer Straßenlaternen. Schon im Sommer begann die erste Phase des großangelegten Aktionsplans mit verstärkten polizeilichen Kontrollen. Bei einer wurden ganze 42 Gramm Gras (!!!) gefunden und als Riesenfundstück der Öffentlichkeit präsentiert. Es sollen weitere Räumungen folgen, um sich langsam aber sicher bis zum persönlichen Erzfeind von Mitsotakis, zu der revolutionären und bei der Bevölkerung durch ihre Aktionen beliebten Gruppe Rouvikonas, vorzuarbeiten. Rouvikonas, benannt nach dem Fluss Rubikon, hat in den letzten Jahren spektakuläre direkte Aktionen gegen Privatfirmen, staatlichen Stellen und Botschaften durchgeführt und war mehrmals Thema im griechischem Parlament. Laut Medienberichten dient die anarchistische Besetzung Vox direkt am Exarchia Platz der Gruppe als Basis. Phase Eins lautet also säubern und aufräumen, Phase zwei das Gebiet halten und erste oberflächliche Veränderungen am Stadtteil durchführen, Phase drei der Aufbau des Athener Montmartre.</p><h2><b>Der Rollback</b></h2><p>Gestern wurde der neue Athener Bürgermeister, der konservative Kostas Bakoyannis vereidigt. Die heutigen Aktionen der griechischen Polizei sind daher kein Zufall. Die Aktionen des heutigen Tages sollen aber zugleich auch der offizielle Start der Erfolgsgeschichte des neuen Premiers Konstantinos Mitsotakis sein –– perfekt getimed zur großen Sommerrückkehr aus Urlaub und Saisonarbeit. Fast parallel zu der heutigen Repressionsoffensive annoncierte Mitsotakis im griechischen Parlament die <a href="https://in.mobile.reuters.com/article/amp/idINKCN1VG148?fbclid=IwAR0p1u8HSRf5QYhw3JVOVZ1dqBonu4fecAzeUuSb7J7wZ713ev2y3ye_HlE">Aufhebung der Kapitalverkehrskontrollen</a>, die seit 2015 Griechenland „plagten“. Ein Erfolg für ihn, dank seines Freundes Yannis Stournaras, des Präsidenten der griechischen Zentralbank. Ein Erfolg, welcher der Syriza-Regierung durch Druck der „internationalen Partner“ verwehrt wurde.</p><p>Die heutigen Räumungen in Exarchia sollten nicht nur als Teil eines regionalen Aktionsplans gesehen werden, sondern als Teil eines noch größeren Plans. Die Regierung der Nea Dimokratia ist eine Mischung aus kapitalgeilen, konservativen und neofaschistischen Elementen, die eine soziale Zertrümmerung veranlassen wollen, die sogar den Ausverkauf des Landes während der Krise übertreffen würde. Diese heuchlerische Regierung, die wie ein Bild aus der Vergangenheit anmutet, wird mehrere Fronten in Angriff nehmen – zuerst wird sie sich für die Aufhebung der Kapitalkontrollen feiern lassen, scheinbar etwas Geld an Kleinunternehmer*innen verteilen und somit vermeintlich deren Leben erleichtern, dann aber die soziale Katastrophe in Gang setzen.</p><p>Die <a href="https://www.spiegel.de/lebenundlernen/uni/griechenland-schafft-universitaets-asyl-ab-keine-sperrzone-mehr-fuer-polizei-a-1281099.html">Abschaffung des Universitäts-Asyls</a> – eine Regelung, die seit der Militärdiktatur gilt und die der Polizei das Betreten von Universitätsgeländen verbietet gilt –, ist nur der erste Schritt in der endgültigen Neoliberalisierung der griechischen Universitäten. Die Gründung privater Unis und somit von Investitionen von Firmen und ihren Partner*innen im Universitätssystem werden diesmal nicht scheitern. Dagegen formiert sich wieder Protest, von Student*innen bis Professor*innen, aber noch nicht so massenhaft wie beim letzten neoliberalen Angriff auf das Bildungssystem 2006 bis 2007. Das soziale Netz ist zerstört nach Jahren der Krise und politische Organisierungsprozesse befinden sich nach der Enttäuschung der Linksregierung am Boden. Gleichzeitig werden weitere Privatisierungen angetrieben, die vorher noch blockiert wurden, wie der Verkauf der staatlichen Elektritzitätsfirma DEI oder des alten Flughafengeländes in Athen, Elliniko. Und „griechische Werte“ dürfen und sollen wieder zelebriert werden. Räumungen von Geflüchteten sollen natürlich auch die Zustimmung der rechten bis faschistischen Wählerschaft verstärken, die von Goldene Morgenröte zurück an die Nea Dimokratia gewandert ist.</p><h2><b>Das Startsignal wurde gegeben</b></h2><p>Widerstand in Griechenland wird aber wieder aufkommen – auf allen Ebenen. Nicht wegen dem „aufrührerischen griechischen Blut“ oder sonstigem mystischem Unsinn, aber wegen der kontinuierlichen Geschichte der sozialen Kämpfe seit Beginn des letzten Jahrhunderts. Es ist nicht die Geschichte von angezettelten Weltkriegen oder friedlichen Revolutionen, sondern die Geschichte von großen Widerständen gegen den deutschen und griechischen Faschismus und von Aufständen abseits von identitären Millieus. In Exarchia wird der Kampf ums Territorium nur dann erfolgreich sein, wenn er sich als Teil einer größeren Gegenoffensive versteht. Eine, die schon im Kern von Exarchia steckt. Nicht mehr oder weniger als der Wunsch, die Welt zu verändern. Dafür muss erstmal die Solidarität wieder aufgebaut werden: Nach der Rückkehr aus dem Sommerloch und den ersten Repressionsschlägen beraten sich alle gemeinsam und zwar heute Abend in der bekannten Besetzung von und für Geflüchteten Notara 26. Und für uns im Ausland ist es wieder Zeit, wachsamer zu sein – nach Jahren der relativen Untätigkeit in unserer Solidaritätsarbeit während der Syriza-Regierung. Lange haben wir nicht mehr die griechischen Botschaften und Niederlassungen des Staates besucht. Exarchia wird fallen, wenn es sich fallen lässt und wir es fallen lassen. Wenn es bestehen bleibt, wird es ein Leuchtturm für uns alle sein in unseren unerledigten Abenteuern.</p></div>
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<p>Unser Exarchia: Widerstand in Griechenland wird aufkommen. Auf allen Ebenen.</p>
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<div class="rich-text"><p></p><hr/><h2>Themenschwerpunkt "Krise in Griechenland"</h2></div>
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<div class="rich-text"><ul><li><a href="https://revoltmag.org/articles/notwendiger-denn-je/">Notwendiger denn je!</a> | <b><i>Eleni Triantafyllopoulou<br/></i></b>[29. März 2019] <i>Die Frauen*bewegung in Griechenland wird jedes Jahr radikaler. Eleni Triantafyllopoulou darüber, weshalb es dringend notwendig ist, die politischen Streiks der Arbeiterinnen* am 8. März als antikapitalistische Kämpfe zu begreifen.<br/></i></li><li><a href="https://revoltmag.org/articles/alles-zu-verkaufen/">Alles zu verkaufen!</a> | <b><i>Eleni Triantafyllopoulou</i></b><br/>[23. Februar 2019] <i>Kulturelle Güter, Krankenhäuser, öffentliche Plätze: Das Ausmaß der – durch die griechische Regierung abgesegneten – Privatisierungen in Griechenland steigt immer weiter. Eleni Triantafyllopoulou über „attraktive neue Kapitalinvestitionen“ auf Kosten der Bevölkerung.</i><br/></li><li><a href="https://revoltmag.org/articles/antifaschistischer-kampf-ist-nur-gegen-das-system-m%C3%B6glich/">Antifaschistischer Kampf ist nur gegen das System möglich</a> | <b><i>Yannis Elafros</i></b><br/>[28. September 2018] <i>Jüngst jährte sich der Mord am Pavlos Fyssas in Athen zum fünften Mal. Nicht zuletzt der Umstand, dass seine faschistischen Mörder frei herumlaufen, macht deutlich, dass unser antifaschistischer Kampf eine neue Intensität erreichen muss.<br/></i></li><li><a href="https://revoltmag.org/articles/ein-freiluftgef%C3%A4ngnis-am-rande-europas/">Ein Freiluftgefängnis am Rande Europas</a> | <b><i>Eleni Triantafyllopoulou </i></b>und<b><i> Nikos Manavis</i></b><br/>[24. Juni 2018] <i>Tausende Menschen auf der Flucht sind auf der griechischen Insel Lesbos eingesperrt und kommen nicht weiter. Die rechten Übergriffe und Politiken vor Ort nehmen zu, aber auch die Solidarität mit den Refugees. Der gemeinsame Widerstand muss notwendig antiimperialistisch sein.</i><br/></li><li><a href="https://revoltmag.org/articles/jeder-tag-dem-wir-k%C3%A4mpfen-ist-ein-feiertag/">Jeder Tag an dem wir kämpfen ist ein Feiertag</a> |<i> </i><b><i>Eleni Triantafyllopoulou</i></b><br/>[12. März 2018] <i>In den Jahren der Wirtschaftskrise ist die sexistische Diskriminierung von Frauen und LGBTQ-Personen in Griechenland stark angestiegen: Neben Arbeitslosigkeit, Lohnungleichheit und Gewalt kämpfen Frauen* gegen die Abschaffung grundlegender Rechte.</i><br/></li><li><a href="https://revoltmag.org/articles/das-gegenteil-von-rot/">Das Gegenteil von Rot</a> | <b><i>George Pavlopoulos</i></b><br/>[19. Februar 2018] <i>Die Entwicklungen um die Radiostation ,,Sto Kokkino‘‘ (die Rote), die zur sozialdemokratischen SYRIZA-Partei gehört, sind bezeichnend für die arbeiterfeindliche Politik der griechischen Regierung. Lohnkürzungen, Entlassungen und Drohungen – insbesondere gegenüber jenen, die sich nicht fügen.</i><br/></li><li><a href="https://revoltmag.org/articles/antifa-athen-bleibt-stabil/">Antifa Athen bleibt stabil</a> | <b><i>John Malamatinas</i></b> und <b><i>George Pouleaux</i></b><br/>[4. Februar 2018] <i>In Griechenland kommt es derzeit im Zuge des Namensstreits mit der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien zum Ausbruch eines aggressiven Nationalismus. Die re:volt Autoren John Malamatinas und George Pouleaux zu einer unrühmlichen griechischen Tradition und antifaschistischer Gegenwehr.</i><br/></li><li><a href="https://revoltmag.org/articles/ein-h%C3%A4ssliches-wochenende/">Ein hässliches Wochenende</a> | <b><i>John Malamatinas</i></b> und <b><i>George Pouleaux</i></b><br/>[3. Februar 2018] <i>In Athen finden gleich zwei nationalistische und faschistische Massenaufläufe statt. Worum es den Faschos geht? John Malamatinas und George Poulaux über den langen Streit und seine Auswirkungen.</i><br/></li><li><a href="https://revoltmag.org/articles/libertatia-flammen/">Libertatia in Flammen</a> | <b><i>John Malamatinas</i></b> und <b><i>George Pouleaux</i></b><i><br/></i>[21. Januar 2018] <i>In Griechenland riefen am heutigen Sonntag rechte und rechtsradikale Gruppen zu einer nationalistischen Großdemonstration gegen Mazedonien auf. Dabei griffen faschistische Gruppen unter Schutz der griechischen Riot-Einheiten MAT besetzte Häuser an und brannten das anarchistische Libertatia nieder.</i><br/><br/></li></ul></div>
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Ein Freiluftgefängnis am Rande Europas2018-06-24T16:07:28.199786+00:002018-06-24T16:07:28.199786+00:00Eleni Triantafyllopoulou und Nikos Manavisredaktion@revoltmag.orghttps://revoltmag.org/articles/ein-freiluftgef%C3%A4ngnis-am-rande-europas/
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<h1>Ein Freiluftgefängnis am Rande Europas</h1>
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<span class="content-copyright">Cookie Arnone</span>
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<div class="rich-text"><p>Am 14. Juni 2018 versuchte ein junger Refugee arabischer
Herkunft, sein Leben vor den Augen der Menschen zu beenden, die am zentralen
Hafen von Mytilini vorbeikamen. Er wurde von anderen Migrant_innen gerettet. Sie
schafften es, einzugreifen und den jungen Mann noch rechtzeitig ins Krankenhaus
zu bringen. Der junge Refugee hielt die faktische Gefangenschaft
und die tragischen Lebensbedingungen im Flüchtlingslager Moria nicht mehr aus.
Zwei Jahre nach dem EU-Türkei-Deal ist die Zahl der Migrant_innen auf der Insel
Lesbos immer weiter gestiegen. Es wird geschätzt, dass mehr als 8000 Menschen
derzeit in dem Lager in Moria eingepfercht sind: Die Nummer der Neuankommenden
steigt täglich, was die Situation in dem Internierungslager immer weiter
erschwert.</p>
<h2><b>Andauernde Angriffe in Moria</b></h2><p>
Morias Internierungslager wird von den Refugees als Platz beschrieben, der
schlimmer ist als die Hölle. Aufgrund des eingesperrt-Seins gemeinsam mit Tausenden
von anderen Menschen treten auch innerhalb des Camps täglich gewalttätige
Konflikte auf. Es ist nur zu verständlich, dass zwischen Menschen
unterschiedlichster Kontexte und mit jeweils unterschiedlichen Erfahrungen, die
unter unerträglichen Bedingungen in Gefangenschaft sind, auch gewalttätige
Episoden entstehen. So war es auch am Freitagabend, den 25. Mai 2018, an dem
sich ein gewaltvoller Zwischenfall zwischen arabischen und kurdischen Migrant_innen
ereignete. Zahlreiche Kurden wurden verletzt, in Folge verließ eine Gruppe kurdischer
Refugees das Camp Moria, um im in den Parks und Straßen im Zentrum von Mytilini
nach einem sicheren Unterschlupf zu suchen.</p><p>
Aber trotz dieser gewaltvollen Episoden und Konflikten zwischen den Refugees
war und ist Moria auch ein Ort der gemeinsamen Kämpfe. Im Juli 2017 fand ein
massiver friedlicher Protest der Lagerbewohner_innen gegen die (auch illegale) Rückführungs-
und Abschiebepolitik und die unmenschlichen Lebensbedingungen im Lager statt.
35 Refugees - alle von ihnen People of Color – wurden in Folge dessen festgenommen
und angeklagt. Ihnen wurde vorgeworfen, in den anschließenden
Auseinandersetzungen nach Eingreifen der Riot-Polizei Brandstiftung begangen
und Polizeikräfte verletzt zu haben. Der Prozess begann fast ein Jahr später am
18. April 2018 vor dem Gericht auf Chios, einer weiteren Insel in der
Ostägäis. Trotz eines gravierenden Mangels an Beweisen und einem großen Druck
der Solidaritätsbewegungen wurden 32 der Refugees verurteilt - zu einer insgesamt
26-monatigen Haftstrafe. Der gesamte Justizprozess ist als hoch problematisch
anzusehen. Die Organisation Legal Center Lesbos, die an dem Prozess teilnahm,
erklärte in einer <a href="http://www.legalcentrelesbos.org/2018/04/28/the-moria-35-trial-results-in-conviction-of-32/">öffentlichen Stellungnahme</a>,
dass es während des Gerichtsverfahrens wiederholte Verstöße gegen die
Grundprinzipien eines fairen Verfahrens begangen habe (Artikel 6 der
Europäischen Menschenrechtskonvention). Die Organisation äußerte zudem
entschiedene Zweifel an der Zuverlässigkeit und Unparteilichkeit der Richter
und Staatsanwälte. Darüber hinaus wurden sieben der Refugees mit direkter
Abschiebung bedroht, während ihnen das Recht verweigert wurde, eine Überprüfung
ihres Falles zu beantragen.</p>
<p>Es
war die Nacht des 22. April 2018 – der Prozess gegen die Moria35 dauerte noch
an – als eine Gruppe nationalistischer und faschistischer Kräfte sich im
Stadtzentrum von Mytilini versammelten, um an einer rechten Aktion
teilzunehmen. Die Gruppen versammeln sich, um dabei zu sein, wenn die
militärische Flagge dort einholt wird – ein Ritual, was jeden Sonntag dort
stattfindet. Nach der „Flaggenzeremonie“ bereiteten sich die Faschisten,
ausgestattet mit allen möglichen Waffen –Fackeln, Feuerwerk, Steinen – auf
einen konzertierten Angriff auf Dutzende von Migrant_innen, darunter ganze
Familien mit Kleinkindern, vor. Die Refugees hatten zu diesem Zeitpunkt auf dem
Sappho-Platz demonstriert: Sie machten den Verlust eines afghanischen Mannes öffentlich,
der gestorben war, da er die dringend notwendige medizinische Versorgung nicht erhalten
hatte. Die Faschisten umzingelten sie mit brennenden Fackeln und begannen, Feuerwerk
auf die Menschen abzufeuern. Die Tatsache, dass sie mit diesen ausgerüstet
waren, beweist, dass dieser Übergriff schon im Vorfeld geplant war. An diesem
Abend nahm die Polizei 122 Personen fest – vor allem afghanischer Herkunft.
Während die Angriffe auf die Refugees weitergingen, zeigte die Polizei so klar:
Sie sind Unterstützer der Faschisten. Erst nachdem zahlreiche
zivilgesellschaftliche Proteste und Solidaritätsdemonstrationen stattfanden,
wurden 17 der Faschisten, die Migrant_innen schwer attackierten – und ihren Tod
in Kauf nahmen – endlich strafrechtlich verfolgt. Die Urteile stehen noch aus.</p><p>
Wenige Tage nach dem Pogrom auf dem Sappho-Platz unterstütze der ehemalige
Justizminister und lokales Mitglied des Parlaments, Charalambos Athanasiou (Mitglied
der liberal-konservativen Nea Dimokratia (Νέα Δημοκρατία),
der größten Oppositionspartei in Griechenland), unterstützte die „Patriotische
Bewegung“ bei einer Pressekonferenz, und bot den Angriffen und der
rassistischen Gewalt damit eine politische Deckung. Die so genannte
„Patriotischen Bewegung von Mytilini“ (Πατριωτική Κίνηση Μυτιλήνης) wird durch
die lokalen Strukturen der ND-Partei koordiniert; Mitglieder sind ebenso
verschiedene rechte und faschistische Gruppierungen und Einzelpersonen. Es ist
mehr als deutlich, dass es ein Hauptziel der Partei ist, Plattformen dieser Art,
die auch für Mitglieder der faschistischen Goldenen Morgenröte (Χρυσή
Αυγή) attraktiv sind, auf allen griechischen Inseln zu etablieren und
den gesellschaftlichen Diskurs und das politische Klima damit immer weiter nach
rechts zu drücken. Und sie stehen damit nicht alleine: Zur gleichen Zeit nutzen
sowohl andere faschistische Gruppierungen, als auch die lokalen Behörden, also
der griechische Staatsapparat und die SYRIZA-geführte Regierung, seit Monaten
schon jede Möglichkeit, gegenüber allen öffentlichen Protesten der
Migrant_innen auf der Insel mit aller Gewalt vorzugehen.</p>
<p>Darüber
hinaus nutzt SYRIZA die rechtsextreme und einwanderungsfeindliche Ausrichtung
der Nea Dimokratia auf Lesbos, um sich selbst ein milderes politisches Profil
zu geben. Natürlich ist es mehr als deutlich, dass die Verantwortung der
Regierung sehr groß ist: Sie sind für die Umsetzung der unerträglichen und rassistischen
EU-Türkei-Vereinbarung verantwortlich, welche zu den Tausenden wie festgeketteten
Migrant_innen auf den Inseln geführt hat. Sie tragen die Verantwortung für die
miserablen Bedingungen in den Hot Spots, die faktische Abschaffung der Asylrechte
und die Entwicklungen, die Griechenland zwischenzeitlich zu einem Freiluft-Gefängnis
für Refugees gemacht haben.</p>
<h2><b>Antifaschistische
Solidarität</b></h2>
<p>Zum Glück gibt es aber auch die andere Seite der Medaille: In der Nacht des 8. Mai 2018 fand eine große antifaschistische
Demonstration auf der griechischen Insel Lesbos mit mehr als 1000 Teilnehmenden
statt. Es war eine friedliche, aber auch dynamische Reaktion auf das kurz zuvor
stattgefundene Pogrom am Sappho-Platz. Die Demo wurde gemeinsam von
verschiedenen linken, kommunistischen und anarchistischen politischen Kräften,
sowie von Solidaritätsinitiativen und Menschen, die in Refugee-Support-Organisationen
arbeiten, organisiert. Eine kleine, aber entschlossene Anzahl von Refugees war ebenfalls
involviert, die gegen die rassistischen Übergriffe und für ihr Recht auf eine
bessere Zukunft und ein menschenwürdiges Leben kämpften. Es war eine Demo, in
der alle diejenigen Stimmen zum Ausdruck kamen, die das Bedürfnis hatten, an
der Seite der Migrant_innen und Refugees zu stehen, einschließlich vieler
Initiativen und Organisationen, ungeachtet ihrer politischen Differenzen.</p><p>
Im Mittelpunkt der gemeinsamen Forderungen aller Beteiligten steht die
Solidarität. Der gemeinsame, monatelange Widerstand steht in Kontrast zu der
Brutalität des EU-Türkei-Abkommens, das seit März 2016 flüchtende Menschen auf
den Inseln „gefangen hält und sie einsperrt, und wendet sich gegen die Intoleranz
gegenüber rassistischen, sexistischen und faschistischen Äußerungen und Praktiken.
Unter den politischen Kräften sind es insbesondere die Initiative von ANTARSYA
und die „Organisation der Neuen Linken Bewegung für die Kommunistische
Befreiung“ (NAP), die sich an jeder widerständigen Aktion beteiligen. Sie
versuchen dabei, die Rolle der EU und der griechischen Regierung beim Aufbau
und der Stärkung der Festung Europa zu zeigen. Sie machen deutlich, dass die
aktuelle Krise, welche die geflüchteten Menschen trifft, nur gelöst werden
kann, wenn Kriege und imperialistische Interventionen in Afrika und Asien
gestoppt werden - und dass demnach Griechenlands Austritt aus der NATO und der
Abzug der NATO-Kriegsschiffe aus der Ägäis zentrale Forderungen der Refugee-Solidaritätsbewegung
werden müssen.</p>
<hr/>
<p>Nikos Manavis (Mytilini) und Eleni Triantafyllopoulou (Athen)
sind Teil des Redaktionskollektivs von <a href="http://prin.gr/">Prin</a>, einer kommunistischen Zeitung in
Griechenland.</p>
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