re:volt magazine Archivhttps://revoltmag.org/articles/?tags=3202018-02-05T11:36:08.968669+00:00Antifa Athen bleibt stabil2018-02-04T22:04:51.036641+00:002018-02-05T11:36:08.968669+00:00George Pouleaux und John Malamatinasredaktion@revoltmag.orghttps://revoltmag.org/articles/antifa-athen-bleibt-stabil/
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<h1>Antifa Athen bleibt stabil</h1>
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<span class="content-copyright">Marios Lolos</span>
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<div class="rich-text"><p>Es wurde <a href="https://revoltmag.org/articles/ein-h%C3%A4ssliches-wochenende/">weniger hässlich</a> als erwartet: Zwar kamen heute über 100.000 Nationalist*innen
auf dem Syntagma-Platz vor dem griechischen Parlament in Athen
zu einer pro-griechisch-mazedonischen Kundgebung zusammen, erfolgreiche Angriffe seitens faschistischer Gruppen, wie in
Thessaloniki vor zwei Wochen, aber blieben aus. Nicht zuletzt die
antifaschistische Mobilisierung der letzten Tage ermöglichte einen
stabilen Schutz linker Infrastruktur und einige offensive
Gegenaktionen. Die nationale Massenhypnose, mitorchestriert durch
Medien, Kirche und Teile der Politik und im Zusammenspiel mit
reaktionären Kräften, bleibt weiterhin die eigentliche politische
Gefahr, der alle gegenüberstehen, die sich für eine andere Gesellschaft einsetzen. Ein Ende der nationalen Hysterie, die ihre
Wurzeln in Bildung und Sozialisierung hat, ist nicht in Aussicht.</p>
<h3><b>Der nationale
Blödsinn erneut auf der Straße</b></h3>
<p>Unklar war bis zuletzt, wie groß die angekündigte Massenkundgebung sein würde. Seit Tagen
berichteten griechischen Leitmedien ununterbrochen von den
Vorbereitungen. Kein Detail wurde ausgelassen: Tausende Busse aus ganz Griechenland seien auf dem
Weg, irgendwelche Geistlichen würden die aufbewahrte
Revolutionsfahne von 1821 mitbringen oder übergroße XL-Fahnen
würden extra für den großen Tag produziert….usw. Ähnlichkeiten
der Ästhetik mit dem sogenannten nationalen Sommermärchen der
Fussball WM 2006 in Deutschland waren nicht zu übersehen -
Fahnenverkäufer*innen haben erneut das Geschäft ihres Lebens
gemacht! Mit einer großen Menge konnte vor allem deshalb gerechnet
werden, weil der Liebling der Nation, der bekannte Komponist Mikis
Theodorakis, die erste Rede halten würde. Und nicht nur in Athen
wurde demonstriert: Schon Samstag gingen 1000 Griech*innen in
Frankfurt auf die Straße, in London, Zürich und Australien fanden
weitere Aktionen statt. Die Kundgebung in Athen fand zudem mit
starker finanzieller Unterstützung der griechischen Migration aus
dem Ausland statt.</p>
<p>Die Rede Mikis
Theodorakis‘ wird vielen in Erinnerung bleiben. Sie drückt den aktuellen Diskurs des kirchlich-rechten
pro-griechisch-mazedonischen Blocks aus. Die Rede begann mit „Meine
lieben Griechen, Faschisten, Nazis, Anarchisten und sonstige“ als
Antwort auf alle – besonders aus der linken Ecke -, die sein
Erscheinen auf der Kundgebung als reaktionär kritisierten. Zu der
zentralen Frage bleibt seine Position so unverändert: Die
angestrebte diplomatische Lösung soll im Namen nicht mal das Wort
Mazedonien enthalten. Sonst droht großes Unglück über die
griechische Nation hereinzubrechen. Theodorakis griff dabei direkt die
aktuelle Regierung und die Minderheiten an, die diese unterstützen.
„Wir sind keine Nationalisten, sondern wir sind alle Patrioten“
ist der meist zitierte Satz seiner Rede in den sozialen Medien. Nicht zu vergessen der
größte Hammerschlag: „Der schlimmste Faschismus war schon immer
der linksgerichete Faschismus“. Im selben nicht verhandelbaren Ton
bewegte sich auch der konservative Fernsehsender Skai: Der Protest
finde nicht nur wegen dem Namensgebungskonflikt statt. Es sei ein
Protest gegen die Regierung als Ganzes. Tausende seien endlich von
ihrem Sofa aufgestanden und die Kundgebung sei Produkt der
Krisenpolitik von Premier Alexis Tsipras (SYRIZA). Die
Fernsehreporter*innen versuchten auch deutlich zu machen, dass
faschistische Gruppen kaum sichtbar seien und gerufenen Slogans sich
auf den Boden der nationalen Einheit bewegen. Das Ziel der gesamten
Aktion wurde langsam aber sicher deutlich: Es geht um ein politisches
Machtspiel. Die aktuellen Umfragen zeigen weiterhin, dass SYRIZA am
Boden liegt und die Medien suggerieren, dass die Regierung nicht mehr
repräsentativ für die griechische Gesellschaft sei. Eine Chance auf
Neuwahlen, auf die vor allem der konservative Chef Kyrgiakos
Mitsotakis weiterhin begierig wartet. Die erste Reaktion der
Regierung auf die Mobilisierungen und Berichterstattung kam durch
einen Tweet des Außenministers Nikos Kontzias: „Millionen von
griechischen Patrioten haben ihre Wahl getroffen. Deswegen werde ich
mit einem ruhigen Gewissen und Verantwortung für das Gute meiner
Heimat weiter verhandeln.“ Er sugeriert, dass die Mobilisierungen
kleiner ausgefallen sind als geplant und dass die Millionen
Abwesenden die derzeitige SYRIZA-Politik in dieser Frage
unterstützen.</p>
<p>Der sogenannte
Namensgebungskonflikt währt schon seit Jahrzehnten. Zehntausende
nahmen in den vergangenen Wochen an landesweiten Kundgebungen in
Thessaloniki und Athen mit der Forderung teil, den Begriff <i>Mazedonien</i>
nicht in den Namen der ehemaligen <i>jugoslawischen Republik
Mazedonien</i> aufzunehmen. Griechenland solle dies in keinem Fall
zulassen, weil dies die griechische Geschichte diskreditieren und zur
Destabilisierung der Region beitragen würde. Die letzte große
nationalistische Ansammlung mit tausenden Teilnehmer*innen zum
selbigen Thema fand 1992 statt – inmitten eines nationalistischen
Aufruhrs gegen die 1991 erfolgte Gründung des kleinen Nachbarstaats
nach Ende des Jugoslawienkriegs. Wegen des schwelenden Streits wird
Mazedonien bei der UNO mit dem sperrigen Namen <i>Ehemalige
Jugoslawische Republik Mazedonien</i> (eben FYROM) geführt. Seit
2008 blockiert Griechenland auch den NATO-Beitritt des
südosteuropäischen Landes. In der Zwischenzeit setzte auch
Mazedonien selbst, zumindest aus Sicht Griechenlands, auf eine
Politik der Provokation, indem Flughäfen und andere Wichtige Orte
nach dem historischen Eroberer Alexander dem Großen benannt wurden.
Seit 2014 liegen die Verhandlungen über den Namensstreit praktisch
still. Zuletzt zeichnete sich eine Einigung zwischen den Regierungen
beider Länder ab. Der UN-Vermittler in dem Streit, Matthew Nimetz,
zeigte sich kürzlich in New York „sehr optimistisch, dass der
Prozess in eine positive Richtung geht“. Nimetz unterbreitete
verschiedenen Medienberichten zufolge fünf Namensvorschläge, die
alle das Wort <i>Mazedonien</i> enthiellten, unter anderem
<i>Nord-Mazedonien</i> und <i>Neu-Mazedonien. </i>Neue
Aussagen von Nimetz, dass nur der Name und nicht die Identität der
Mazedonier zur Debatte stehen, befeuerten die Debatte in den letzten
zwei Tagen erneut. Als Provokation wurde seine Aussage aufgenommen,
die einfach besagt, dass Mazedonien ein größerer Raum sei, der vor
100 Jahren mit dem Abkommen von Bukarest definiert wurde.
Infolgedessen sei Mazedonien griechisch, bulgarisch und mazedonisch.</p>
<h3><b>Es leben die
antifaschistischen Reflexe</b></h3>
<p>Die Niederbrennung von
Libertatia und die anderen Übergriffe der letzten Wochen riefen
gleichfalls Vergeltungsaktionen hervor: Farbeier auf Büros der
Neonazis, brennende Autos und nächtliche Besuche. Am Freitagabend
verwüsteten 30 vermummte Aktivist*innen das Büro der Goldenen
Morgenröte in Piräus - einer Region, in der die Neonazis besonders
stark sind - und verjagten sie auch noch. Am Samstagmittag griffen
Antiautoritäre <a href="http://www.skai.gr/news/greece/article/366041/epithesi-adiexousiaston-sto-spiti-tou-miki-theodoraki-11/">das
Haus von Mikis Theodorakis mit Farbe</a> an und sprühten den Spruch
„Die Geschichte beginnt am Berg und endet im nationalen Sumpf des
Syntagma-Platzes“ an die Wand.</p>
<p>Die antifaschistische
Mobilisierung am Samstag Abend gegen den Imia-Aufmarsch der
neonazistischen Partei Goldenen Morgenröte war in ihrer Strategie
erfolgreich. Die Neonazis konnten sich nicht auf dem eigentlich
angekündigten Platz versammeln und hielten ihre Kundgebung mit
wenigen hundert Mitgliedern vor ihren zentralen Büros im Zentrum
Athens. Durch die große Polizeipräsenz und Absperrung großer
Straßen kam es nicht zu direkten Auseinandersetzungen zwischen
Demonstrant*innen und Neonazis. Das ganze Wochenende lang fanden
zudem Motorraddemos in verschiedenen Stadtteilen zur Gegeninformation
statt.
</p>
<p>Heute versammelten
sich, trotz Behinderungen durch die Polizei, den Versammlungsort zu
erreichen, 2.000 organisierte Antifachist*innen in der Nähe des
Syntagma-Platzes. Während des ganzen Tages bewachten hunderte
Antifas die zahlreichen sozialen Zentren, sowie die besetzten Häusern
von Geflüchteten. Die Schutzoperation läuft derzeit immer noch. Für
Aufmerksamkeit sorgte vor allem die Ankündigung der anarchistischen
Gruppe Rouvikonas sich auf den Schutz ihres Orts „Distomo“ und
der Präsenz im Stadtteil Agios Panteleimonas zu beschränken. In
ihrer Erklärung betonen sie, dass diese Präsenz den Faschisten
„besonders weh tun wird“, da das Viertel vor wenigen Jahren noch
in ihrer Hand lag und als ,,National befreite Zone‘‘ galt. Ein
Zustand der dank Gruppen wie Rouvikonas mit ihrem Freiraum <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/Massaker_von_Distomo">„Distomo“</a> in den letzten Jahren umgekippt wurde. Auf Indymedia tauchen
wiederholt Informationen auf von Auseinandersetzungen mit
Faschist*innen – wo letztere ausschließlich den kürzeren zogen.</p>
<p>Es
gab weiterhin einen gefährlichen Zwischenfall: Etwa 15 organisierte
Faschist*innen griffen mit Molotowcocktails das selbstverwaltete
Theater Empros im Viertel Psirri in der Nähe des Syntagma Platzes
an. Sie wollten scheinbar erneut einen Freiraum anzünden, genauso
wie zwei Wochen zuvor Libertatia, ein besetztes Squat in
Thessaloniki, niedergebrannt wurde. Die Anwesenden Antifas
verteidigten das besetzte Theater erfolgreich und trieben die
Neonazis in die Flucht, bevor die Polizeikräfte den Ort des
Geschehens erreichten. An einem früheren Zeitpunkt bewegten sich
etwa 200 organisierte Neonazis, einige mit Tarnkleidung, vermummt und
mit Holzlatten bewaffnet, von der Kundgebung weg in Richtung des
linksalternativen Stadtteils Exarchia, wurden aber von der Polizei
daran gehindert. Ein Mitglied der Goldenen Morgenröte wurde
verhaftet. Die Goldene Morgenröte hielt sich mit einer mittelgroßen
Gruppe ihrer Mitglieder und Parteichefs am Rande des Platzes auf, und
profitierte nicht von der medialen Öffentlichkeit. Scheinbar wurden
sie von den Organisator*innen am politischen Rand gedrängt. Für
viele Fragen sorge ein Angriff der griechischen Polizei auf die Büros
der linken Organisation NAR (Neu linke Strömung) <a href="https://www.youtube.com/watch?v=jPApBCAQpgM&feature=youtu.be">die
auf den örtlichen Schutz antraf</a><a href="https://www.youtube.com/watch?v=jPApBCAQpgM&feature=youtu.be">.</a></p>
<p>Die antifaschistischen
Reaktionen scheinen in Athen vorerst weiter zu laufen. Sie reichen
offenbar aus, um der organisierten faschistischen Gefahr
entgegenzutreten. Eine viel schwierigere Aufgabe wird es aber in den
nächsten Monaten sein, den nationalistischen Wahnsinn zumindest
etwas einzudämmen. Die Massenkundgebungen, die reaktionäre
Berichterstattung sämtlicher Medien und das Desinteresse der Massen
an wirklicher sozialer Veränderung sind nur die Spitze des Eisbergs.
Die nationale Erzählung Griechenland wurde seit der griechischen
Revolution geschickt mittels Neuschreibung der Geschichtsbücher
etabliert. Der nationale Mythos der Vereinigung Aristotles und
Platons, Alexander des Großen, den Spartaner*innen und Byzanz ist
tief verankert im Bewusstsein der griechischen Bevölkerung. Daran
änderten auch die Migrationserfahrungen und die jahrelange
ökonomische Krise nichts. In vielen Interviews vor und während des
Protests bekräftigten einige, dass „den Griechen alles weggenommen
werden kann, aber nicht die Heimat, Religion und die Familie“.
Heimat, Religion und Familie war auch der zentrale Slogan der
Militärjunta vor 50 Jahren. Die Leute sind erneut aus den Sofas
aufgestanden. Aber nicht wie im Sommer 2011, um empört über den
Umgang Europas und der Welt mit Griechenland und die aufkommende
soziale Krise anzuprangern, aber um das vermeintliche „kulturelle
Erbe Griechenlands“ zu verteidigen.</p>
<p><br/>
</p></div>
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</article>
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<h2>Lizenzhinweise</h2>
<p>Copyright © 2017 re:volt magazine Redaktion - Einige Rechte vorbehalten</p>
<p>
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Ein hässliches Wochenende2018-02-03T17:09:21.480819+00:002018-02-03T18:48:23.780732+00:00George Pouleaux und John Malamatinasredaktion@revoltmag.orghttps://revoltmag.org/articles/ein-h%C3%A4ssliches-wochenende/
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<h1>Ein hässliches Wochenende</h1>
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<img alt="Faschistische Demonstration in Griechenland" height="420" src="/media/images/faschos.5452e56f.fill-840x420-c100.jpg" width="840">
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<section class="content content-section content-type-paragraph">
<div class="rich-text"><p><a href="https://revoltmag.org/articles/libertatia-flammen/">Libertatia
in Flammen</a>? Erinnert ihr euch noch? Vor zwei Wochen haben Faschisten und rechte
Fussballfans in der nordgriechischen Stadt Thessaloniki unter anderem die
anarchistische Besetzung Libertatia niedergebrannt, weitere soziale Projekte
angegriffen und das Holocaust Denkmal beschmiert. Die Aktionen fanden im Rahmen
einer nationalistischen Massenkundgebung statt, bei der etwa 50.000
Griech*innen forderten, dass „Mazedonien“ griechisch sei und der Nachbarstaat Mazedonien
bitte seinen komplizierten langen Namen mit dem Akronym FYROM beibehalten soll.
Sie setzten an diesem Tag bereits einen neuen Termin fest: Am morgigen Sonntag,
den 4. Februar, sollen Hunderttausende am zentralsten Platz des Landes, am
Syntagma in Athen, den Druck auf die griechische Diplomatie erhöhen. Und das
ist nicht genug: Schon am heutigen Samstagabend organisiert die Goldene
Morgenröte ihren jährlichen Imia-Marsch, an dem tausende Neonazis teilnehmen
werden. Es wird ein heißes Wochenende: Für die Regierung, die Polizei – aber
vor allem für den antifaschistischen Widerstand und für jede und jeden, der von
der faschistischen Gefahr betroffen sein wird.</p>
<p>Der sogenannte Namensgebungskonflikt währt schon
seit Jahrzehnten. Zehntausende Demonstrant*innen nahmen am vorletzten
Wochenende an der landesweiten Kundgebung mit der Forderung teil, den Begriff <i>Mazedonien</i> nicht in den Namen der
ehemaligen <i>jugoslawischen Republik
Mazedonien</i> aufzunehmen. Griechenland solle dies in keinem Fall zulassen,
weil dies die griechische Geschichte diskreditieren und zur Destabilisierung
der Region beitragen würde. Die letzte große nationalistische Ansammlung mit
tausenden Teilnehmer*innen zum selbigen Thema fand 1992 statt – inmitten eines
nationalistischen Aufruhrs gegen die 1991 erfolgte Gründung des kleinen
Nachbarstaats nach Ende des Jugoslawienkriegs. Wegen des schwelenden Streits
wird Mazedonien bei der UNO mit dem sperrigen Namen <i>Ehemalige Jugoslawische Republik Mazedonien</i> (eben FYROM) geführt.
Seit 2008 blockiert Griechenland auch den NATO-Beitritt des südosteuropäischen
Landes. In der Zwischenzeit setzte auch Mazedonien selbst, zumindest aus Sicht
Griechenlands, auf eine Politik der Provokation, indem Flughäfen und andere
Wichtige Orte nach Alexander dem Großen benannt wurden. Seit 2014 liegen die
Verhandlungen über den Namensstreit praktisch still. Zuletzt zeichnete sich
eine Einigung zwischen den Regierungen beider Länder ab. Der UN-Vermittler in
dem Streit, Matthew Nimetz, zeigte sich kürzlich in New York „sehr optimistisch,
dass der Prozess in eine positive Richtung geht“. Nimetz unterbreitete
verschiedenen Medienberichten zufolge fünf Namensvorschläge, die alle das Wort <i>Mazedonien</i> enthalten, unter anderem <i>Nord-Mazedonien</i> und <i>Neu-Mazedonien.</i></p>
<h2>Massenmoblilisierung und Drohungen</h2>
<p>Am morgigen Sonntag soll eine
Wiederholung dieser nationalistischen Machtdemonstration folgen. Vor zwei
Wochen war noch nicht absehbar, ob die erste Mobilisierung gut besucht sein
würde; lediglich extrem rechte Gruppen riefen dazu auf. Mittlerweile aber
mobilisieren neben den Faschos auch große Teile der Kirche, konservative und
rechte Organisationen und Parteien und die pro-griechisch-mazedonischen
Verbände. Mikis Theodorakis, der bekannteste Komponist Griechenlands und
nationales Idol, wird eine Rede halten, ebenso der Ex-Premierminister der
Konservativen, Antonis Samaras, der schon 1992 den Widerstand gegen die
Namensgebung mit organisierte. Tausende Busse aus allen Ecken Griechenland
werden sich auf den Weg machen. Prognosen sagen voraus, dass sich bis zu einer
Million Menschen auf dem historischen Syntagma Platz versammeln werden. Sogar
in Deutschland wird zu dem Thema demonstriert: Unter dem Motto „Makedonien ist
Hellas“ werden heute am Samstag nach Veranstalterangaben zufolge bis zu 2000 Teilnehmer*innen
<a href="http://www.fr.de/frankfurt/frankfurt-demo-zum-griechischen-konsulat-a-1436716">in
Frankfurt</a> erwartet. </p>
<p>In den Medien und gesellschaftlichen
Diskursen ist eine regelrechte Hysterie ausgebrochen. Einen kräftigen Schub
bekam sie durch die Nachricht, dass der Außenminister Nikos Kotzias am
gestrigen Freitag drei Kugeln mit der Nachricht „Jede Kugel für jedes
Mazedonien“ per Post erhalten hat. Weitere Abgeordnete und Minister erhielten
ähnliche nationalistische Drohungen. Zudem hetzt der Chef
der konservativen <i>Nea Demokratia</i> (ND), Koyriakos Mitsotakis gegen die anarchistische Gruppe Rouvikonas, die
angekündigt haben soll, die Kundgebung anzufreifen. Die neuen Äußerungen des
UNO Chefverhändlers Nimetz, dass nur Name und nicht die Identität zur Debatte
steht, befeuerte nochmal die Polarisierung auf realpolitischem Terrain.</p></div>
</section>
<section class="content-section content-type-photo">
<figure class="content-image">
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<img alt="Spartakus rollt ein" height="450" src="/media/images/spartakus_rollte_ein.original.jpg" width="675">
</div>
<figcaption>
<p>Diensteifrige Spartaner auf Patrouille</p>
</figcaption>
</figure>
</section>
<section class="content content-section content-type-paragraph">
<div class="rich-text"><p>Die
Goldene Morgenröte – gegen die weiterhin ein Verfahren wegen krimineller
Vereinigung läuft – wird erneut eine starke Präsenz zeigen. In Athen ist sie
sogar viel besser aufgestellt und organisiert als im Norden des Landes. In den
letzten Tagen zirkulierte auf extrem rechten Webseiten und Emaillisten ein
Aufruf, den faschistischen Selbstschutz zu organisieren: Die Initiative
„Patriotische Union-Griechische Volkszusammenkunft HELLAS“ bittet Gruppen von
Reservisten, wie etwa den „Schild Nationaler Rettung“, für die Sicherheit der
tausenden Demonstrant*innen zu sorgen und vor Angriffen von Anarchist*innen zu
schützen. „Es wäre eine gute Idee, jemanden zu fangen und ihm die Sturmhaube
zu entfernen“, sagte Odysseus Telegadas, einer der Koordinatoren. Er fügte
hinzu, dass Mitglieder der Sicherheitsteams konkrete Anweisungen hätten, was in
einem solchen Fall zu tun sei.</p>
<h2>Internationaler Fascho-Auflauf </h2>
<p>Für
die Neonazis ist es ein großes Wochenende: Schon heute, am Samstag, organisieren
sie ihren eigenen faschistischen Massenauflauf. Anfang Februar findet jährlich
der sogenannte Imia-Marsch statt, einer der größten europäischen
Naziaufmärsche. Mit diesem faschistischen Großaufmarsch soll an den
Territorialstreit von 1996 um die Imia Inseln zwischen der Türkei und
Griechenland gedacht werden. Dort kam es zu einem militärischen Zwischenfall,
der beinahe in einem Krieg zwischen den beiden Ländern geendet hätte. Die
griechische Rechte ruft seit 1997 zu diesen Großaufmärschen auf. In den letzten
Jahren haben an diesen Aufmärschen regelmäßig Delegationen aus Deutschland und
anderen europäischen Ländern teilgenommen. Dass sich europaweit extrem rechte
Strukturen am Imia-Marsch beteiligen, beruht auch auf der internationalen
Ausrichtung und guten Vernetzung der <em>Goldenen Morgenröte</em>.</p>
<p>Auch
deutsche Neonazis der NPD Rheinland-Pfalz, des Freien Netz Süd (FNS) und
weitere Kader nahmen vor einigen Jahren schon an dem Marsch teil. In einem
Bericht das FNS hieß es dazu: „Die Partei wirkt über die Grenzen Griechenlands
hinaus als Fanal für alle nationalistischen Gruppen und Organisationen auf dem
Kontinent. Alle Besucher aus Deutschland waren sich darin einig, dass genau mit
diesem selbstlosen Einsatz und der überwältigenden Opferbereitschaft auch in
anderen Ländern des Abendlandes die schlafenden Massen noch erweckt werden können,
wenn die entsprechenden Rahmenbedingungen stimmen.“</p>
<p>Eines
ist klar: Es wird für jegliche Minderheiten, antifaschistische und demokratische
Kräfte ein wirklich hässliches Wochenende werden. Aber Gegenwehr bleibt nicht aus:
Sowohl heute als auch morgen finden parallel zu den nationalistischen und
faschistischen Spektakeln antifaschistische Gegendemonstrationen statt,
organisiert von demokratischen Bündnissen und anarchistischen-antiautoritären
Gruppen. Die Niederbrennung von Libertatia und die anderen Übergriffe der
letzten Wochen riefen ebenfalls schon Vergeltungsaktionen hervor: Farbeier auf
Büros der Neonazis, brennende Autos und nächtliche Besuche. Am Freitagabend
verwüsteten 30 vermummte Aktivist*innen das Büro der Goldenen Morgenröte in
Piräus, eine Region, in der die Neonazis besonders stark sind. Am heutigen Samstagmittag griffen Antiautoritäre <a href="http://www.skai.gr/news/greece/article/366041/epithesi-adiexousiaston-sto-spiti-tou-miki-theodoraki-11/">das Haus von Mikis Theodorakis mit Farbe</a> an und sprühten den Spruch „Die Geschichte beginnt am Berg und
endet im nationalen Sumpf des Syntagma-Platzes“ an die Wand. Ebenso besorgniserregend
wie die nazistische Gefahr ist aber auch die nationale Massenhypnose, die durch
Fernsehen und Funk stattfindet: Vielleicht werden am Sonntag wegen einem blöden
Namen mehr Leute auf der Straße sein als je gegen die Krisenverwaltung der
letzten Jahre.</p></div>
</section>
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<span class="content-copyright">OpenSource</span>
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<p>Antiautoritäre Gegendemonstration während der ersten Mazedonienkundgebung</p>
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