re:volt magazine Archivhttps://revoltmag.org/articles/?tags=10272020-03-30T10:30:58.961297+00:00Sie müssen sich vorgaukeln, dass nichts passieren wird2020-03-30T09:58:02.104808+00:002020-03-30T10:30:58.961297+00:00Alexander Gorskiredaktion@revoltmag.orghttps://revoltmag.org/articles/sie-m%C3%BCssen-sich-vorgaukeln-dass-nichts-passieren-wird/
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<h1>Sie müssen sich vorgaukeln, dass nichts passieren wird</h1>
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<div class="rich-text"><p>Am 23. März wurde in Mexiko durch das Gesundheitsministerium die sogenannte „Nationale Zeit der gesunden Distanz“ (<i>Jornada Nacional de Sana Distancia</i>) ausgerufen. Es geht darum, weitere Ansteckungen mit Covid-19 zu verhindern. Doch in den ärmeren Vierteln und Nachbarschaften, den <i>colonias populares, barrios</i> und <i>vecindades</i>, läuft das Leben normal weiter. Die Märkte sind voll mit Händler*innen, die Kinder spielen in den Straßen, die Kioske, Metzgereien, Geflügelgeschäfte und Tortilla-Läden sind immer noch ein Treffpunkt für Familien und Freund*innen. Händeschütteln, Küsse und Umarmungen überall.</p><p>Der Kontrast zu den Vierteln der Mittel- und Oberschicht könnte nicht größer sein. Dort dominieren menschenleere Straßen und geschlossene Tore. Es herrscht Stille. Gut ausgerüstet warten die Familien dort auf das Virus SARS-Cov-2, welches die Erkrankung Covid-19 verursacht. Sie sind sich der Pandemie voll bewusst, die bis zum jetzigen Zeitpunkt bereits weltweit eine halbe Million Infizierte und 30.000 Tote verursacht hat. Vor allem aber haben diese Familien die Möglichkeit, sich zu schützen und wochen- oder monatelang mit gut gefüllten Vorräten auszuharren.</p><p>Ein Sturm zieht auf, aber viele scheinen das nicht wahrhaben zu wollen. Täglich werden mehr positiv Getestete des Coronavirus in Mexiko gemeldet. Und doch ist es bei einem großen Teil der Bevölkerung üblich, von der „Lüge" des Coronavirus zu sprechen. In den Vierteln der Unterschicht gibt es diejenigen, die voller Überzeugung argumentieren, dass alles nur ein großer Mythos sei und schon nichts passieren werde. Das hat nicht nur mit der äußerst widersprüchlichen Informationspolitik der Regierung des mexikanischen Präsidenten Andrés Manuel López Obrador zu tun. Denn ungeachtet der Einschätzungen und Aufforderungen der Mächtigen müssen sich die Armen dieses Landes einreden, dass es nichts zu befürchten gäbe. Die Ungeschützten versuchen, ihren Glauben daran zu nähren, dass die angekündigte und absehbare Tragödie nicht kommen wird. Und tatsächlich haben sie auch keine andere Wahl. Wie sollten sie auch akzeptieren, dass die Gefahr auf der Straße liegt, wenn sie nicht aufhören können, hinauszugehen.<br/>Nach Angaben des Nationalen Instituts für Statistik und Geographie (<i>Instituto Nacional de Estadística y Geografía - Inegi</i>) sind 57 Prozent der mexikanischen Arbeiter*innen informell beschäftigt. In der Sprache der Neoliberalen werden diese prekären, verarmten und völlig ungeschützten Arbeiter*innen <i>emprendedores</i> (Unternehmer*innen) genannt. Nach Jahrzehnten wachsender Ungleichheit in Mexiko, kann die überwiegende Mehrheit der Arbeiter*innen keinerlei Arbeitsrechte beanspruchen. Für sie gibt es keine Sozialversicherung, keine Altersvorsorge, keine Gesundheitsfürsorge und keine der gesetzlichen Sozialleistungen. Sie haben nicht einmal ein Gehalt. Sie verdienen das, was sie tagtäglich verkaufen und herstellen. Es gibt kein Morgen.</p><p>„Wovon sollen wir denn leben? Was werden wir essen?“, hört man diejenigen sagen, die sich um die Stände in den überfüllten Märkten kümmern; diejenigen, die jeden Morgen in den Gemüseläden die Vorhänge aufziehen, diejenigen, die schon am frühen Morgen ihre Töpfe mit <i>tamales</i> (traditionelles Gericht aus Maisteig) auf die Straße tragen, die Taxifahrer*innen ohne eigenes Auto, die beim Taxiunternehmer erst „die Quote“ abtreten und dann den ganzen Tag arbeiten müssen, um für sich und ihre Familien wenigstens ein wenig Geld zu verdienen, die Ärzt*innen, die von den Apotheken im Akkord „angestellt“ werden und ihre verarmten Patient*innen in schmutzigen und verrosteten Räumen, die sie <i>consultorios</i> nennen, behandeln. Dazu kommen noch diejenigen, die der Markt ausgespuckt hat und die von dem leben, „was der Tag so bringt“. Ganz zu schweigen vom Lumpenproletariat: die Menschen ohne Zuhause, die Migrant*innen auf dem Weg nach Norden; diejenigen, die nicht einmal mehr ihre Identität besitzen. Das Schlimmste ist, dass viele von ihnen zum der durch Covid-19 am stärksten gefährdeten Bevölkerungsteil zählen. Es handelt sich um ältere Erwachsene, die unterernährt sind oder an Diabetes und erhöhtem Blutdruck leiden. Für sie gibt es keinen Ausweg. Sie haben die „Freiheit“ zu wählen, nichts zu essen oder zu erkranken.</p><p>Die Pandemie hat in Mexiko zunächst Kreise der Oberschicht erfasst. Und doch können wir bereits jetzt sagen, wo sie die größten Verwüstungen anrichten wird. Über den Armenvierteln leuchtet die Sonne in einem klaren, wolkenlosen Himmel. Eine kühle Brise lässt manche Menschen die Augen schließen. Was sie hören, ist das Donnern eines Sturms. Trotzdem müssen sie sich vorgaukeln, dass nichts passieren wird.<br/></p><p></p><p><i>Übersetzung von Alexander Gorski.</i></p><p></p><hr/><p></p><h3><b>Anmerkungen</b></h3><p><a href="https://twitter.com/zosimo_contra?lang=de">Zósimo Camacho</a> ist investigativer Journalist und arbeitet bei dem mexikanischen Magazin <a href="https://t.co/qVpOJYMbLR?amp=1">Contralínea</a>. Dort erschien dieser Artikel <a href="https://www.contralinea.com.mx/archivo-revista/2020/03/27/covid-19-las-victimas-de-siempre/">im Original</a> am 27. März 2020. Zum besseren Verständnis wurde der Text für die deutsche Fassung an einigen Stellen durch Alexander Gorski leicht abgewandelt. Die obige Grafik zeigt die ungefähre Infektionsrate je 100.000 Einwohner*innen in den unterschiedlichen Bundesstaaten Mexikos (Stand 26.03.2020).</p></div>
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„Wir wollen den Kapitalismus zerstören“2020-01-22T08:00:00+00:002020-01-22T08:01:37.623072+00:00Alexander Gorskiredaktion@revoltmag.orghttps://revoltmag.org/articles/wir-wollen-den-kapitalismus-zerst%C3%B6ren/
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<h1>„Wir wollen den Kapitalismus zerstören“</h1>
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<span class="content-copyright">Aline Juárez Contreras</span>
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<div class="rich-text"><p></p><p><b>Alex [re:volt]: Andrés Manuel López Obrador hat vor etwas mehr als einem Jahr das Präsident*innenamt in Mexiko angetreten. Obwohl er im Wahlkampf ein Ende des Neoliberalismus und eine Transformation des Landes versprochen hatte, scheint es, als würde er die Politik der Vorgängerregierungen mit anderer Rhetorik</b> <a href="https://lateinamerika-nachrichten.de/artikel/heilsbringer-im-stresstest/"><b>fortführen</b></a><b>. Besonders seine Entwicklungspolitik, bei der er in Kooperation mit nationalen und transnationalen Konzernen auf sogenannte Megaprojekte setzt, lässt Zweifel an der Fortschrittlichkeit seines Regierungsprojekts aufkommen. Welche dieser Projekte bereiten dem Congreso Nacional Indígena</b> <i>(</i><b>CNI) besondere Sorgen?</b></p><p><b>Carlos Gónzalez García:</b> Für den CNI sind alle Infrastrukturprojekte, die die Territorien unserer Völker und unsere Mutter Erde betreffen, gefährlich. [1] Jeder Angriff auf unsere Territorien, ob klein oder groß, ist für uns besorgniserregend. Für uns als indigene Völker ist die Erde heilig, und zwar jeder Teil von ihr. Es gibt keine Teile, die mehr oder weniger wert sind. Deshalb beobachten wir vom CNI alle Megaprojekte, sowohl diejenigen, die schon längst umgesetzt sind, als auch die jetzt von der Regierung López Obradors geplanten, mit großer Sorge. Denn wir kennen die negativen Auswirkungen, die sie auf die Territorien unserer Völker haben werden. Doch zweifellos gibt es drei Megaprojekte, deren Wirkungen über die Grenzen Mexikos hinausgehen und die eine massive Auswirkung auf der regionalen Ebene Mittel- und Nordamerikas haben würden. Diese Projekte sind der <i>Tren Maya</i>, eine mehr als 1.500 Kilometer lange Zugstrecke, die den verarmten und marginalisierten Südosten des Landes dem Massentourismus zugänglich machen soll. Daneben soll mit dem <i>Proyecto Integral Morelos</i>, das aus mehreren Wärmekraftwerken und Gaspipelines besteht, die Energieversorgung Zentralmexikos restrukturiert werden. Und schließlich soll der <i>Corredor Transístmico</i>, die logistische Verbindung von Atlantik und Pazifik an der Meerenge des Isthmus von Tehuantepec durch neue Häfen, Zugstrecken und Logistikzentren, als Gelenkachse der wirtschaftlichen Entwicklung dienen und Mexiko zu einem Zentrum des Welthandels machen.</p><p></p><p><b>Welche Logik steckt hinter diesen Projekten?</b></p><p>Diese drei Megaprojekte artikulieren meiner Meinung nach ein einziges großes Megaprojekt. Tatsächlich gab es bereits seit den 1990er-Jahren immer wieder Pläne dieser Art. Unter den damaligen Regierungen hießen sie noch <i>Proyecto Mesoamérica</i> oder <i>Plan-Puebla-Panamá.</i> Die jetztigen Ideen von López Obrador sind also keineswegs neu. Es handelt sich um eine vollständige Umstrukturierung der betroffenen Gebiete, der Bevölkerungen und der Grenzen Mexikos und Mittelamerikas. Diese Projekte sollen die Infrastruktur massiv ausbauen, um große städtische, industrielle und touristische Entwicklungskorridore zu schaffen. Das Ziel dabei ist, die abwandernde Bevölkerung, die aus Mittelamerika nach Mexiko und aus Mexiko in die USA migriert, in diesen neuen urbanen Korridoren zu fixieren und ihre Mobilität zu kontrollieren. Die Regionen, in denen die Regierung ihre Infrastrukturvorhaben umsetzen will, gehören zu den Gebieten mit dem größten ökologischen und kulturellen Reichtum der Welt. Die neue Infrastruktur soll dort vor allem auch den massiven Abbau der natürlichen Ressourcen durch transnationale Konzerne ermöglichen. Aus Sicht des CNI dienen die Megaprojekte dazu, die betroffenen Gebiete auf der Grundlage von Landgrabbing und Enteignung der lokalen Bevölkerungen neu zu organisieren und nach den Interessen des Kapitals umzugestalten. Außerdem soll die Bevölkerung fixiert oder umgesiedelt werden, je nach den Bedürfnissen der kapitalistischen Entwicklung. Und schließlich sollen neue Grenzen geschaffen werden, insbesondere eine große Grenze zwischen dem Süden und dem Zentrum Mexikos, die die Migrationskontrolle von der Südgrenze der USA tausende Kilometer nach Süden verschiebt.</p><p><b>Im letzten Wahlkampf wagte der CNI gemeinsam mit dem Ejército Zapatista de Liberación Nacional (EZLN) einen für viele überraschenden Schritt und gründete einen Indigenen Regierungsrat (CIG), der sich in den Wahlkampf der herrschenden Parteien einmischte. [2] Die Sprecherin des CIG, María de Jesús Patricio Martínez, besser bekannt als</b> <b><i>Marichuy</i></b><b>, sollte als unabhängige Kandidatin für das Amt als Staatschefin aufgestellt werden. Allerdings wurden die dafür nötigen Unterschriften weit verfehlt. Hat diese</b> <a href="https://amerika21.de/2018/03/197618/mexiko-auswertung-indigene-wahlkampagne"><b>Etappe des Kampfes</b></a><b> den CNI gestärkt oder geschwächt?</b></p><p>Als der CNI die Gründung des CIG und die Kandidatur der Sprecherin <i>Marichuy</i> für das Amt der Präsidentin der Republik vorschlug, tat er dies nicht aus wahltaktischen Gründen. Vielmehr ging es uns darum, durch eine gezielte Intervention in den Wahlprozess die Kämpfe der indigenen Völker sichtbar zu machen, die Bedürfnisse, die Armut und Probleme unserer Völker wieder auf die Tagesordnung dieses Landes zu setzen. Außerdem sollte dieser Prozess uns indigene Völker und fortschrittliche Teile der mexikanischen und internationalen Zivilgesellschaft näher zusammenbringen und einen Austausch ermöglichen. In diesem Sinne glauben wir, dass unsere Initiative erfolgreich war. Natürlich hätten wir gerne die nötigen 870.000 Unterschriften erreicht, um auch am letzten Abschnitt der Wahlkampagne teilnehmen zu können, unsere Positionen dort stark zu machen und die Annäherung verschiedener Völker und Sektoren zu vertiefen. Aber die kurze Zeit, die wir in den Wahlzyklus intervenieren konnten, war ausreichend, um den CNI und die indigenen Kämpfe des Landes zu stärken. Nicht zuletzt ist es eine direkte Folge dieses Prozesses, dass es dem EZLN gelang, sich weiter zu konsolidieren und seine territoriale Autonomie <a href="https://amerika21.de/2019/08/230310/ezln-mehr-caracoles-und-landkreise">weiter auszubauen</a>.</p><p><b>Der Präsident López Obrador reist derzeit fast jedes Wochenende in indigene Gemeinden, um dort für seine Infrastrukturpolitik zu werben. Kam es infolgedessen zu Spaltungen innerhalb der organisierten indigenen Völker?</b></p><p>Dass die Regierung versucht, uns zu spalten und uns in ihr Machtprojekt einzubinden, ist nichts Neues. Wie alle Vorgängerregierungen behauptet auch die jetzige, eine gewisse Kontrolle über die indigenen Bevölkerungen und ihre Territorien zu haben. Und natürlich gelingt es der Regierung hier und da durch Sozialprogramme und andere staatliche Leistungen indigene Brüder und Schwester an sich zu binden. Wir sind also besorgt, aber nicht überrascht, dass auch jetzt eine Politik der Spaltung von der Regierung betrieben wird. Aber hier, wie in der gesamten Geschichte dieses Landes, unserer Völker und der ganzen Menschheit, ist es entscheidend, was diejenigen tun, die entschlossen sind und klare Ideen haben. Natürlich gibt es auch in unseren Völker bei aller Widerständigkeit Menschen, die sich mit den Sozialprogrammen und Almosen der Regierung zufrieden geben. Angesichts der verheerenden wirtschaftlichen Situation in unseren Gemeinden ist das auch wenig überraschend. Aber es gibt einen bewussten und aktiven Teil, der bereit ist, unsere Gebiete und unsere Mutter Erde gegen das Kapital zu verteidigen.</p><p><b>Woher kommt diese Entschlossenheit?</b></p><p>Das hat auch mit dem größeren Zusammenhang zu tun. Auf globaler Ebene führt die Entwicklung des Kapitalismus dazu, dass die Lebensbedingungen der Menschen ernsthaft bedroht sind. Mit anderen Worten, das menschliche Leben wird durch den Kapitalismus in einer immer ernsteren und offensichtlicheren Weise gefährdet. Was dabei wichtig ist: es ist der Kapitalismus<i>.</i> Es gibt keinen anderen Namen. Es ist nicht der Klimawandel. Der Klimawandel ist ein Produkt dieser kapitalistischen und globalisierten Wirtschaft, die die Welt seit über 500 Jahren im Griff hat. Die kapitalistische Logik ist also keinesfalls neu. Aber das Wachstum der Weltbevölkerung, die beschleunigte Entwicklung der Technologie und der Produktivkräfte und ihre Konzentration in den Händen des Kapitals, haben dazu geführt, dass die reale Möglichkeit der Zerstörung unseres Planeten besteht.</p><p><b>Wo sieht der CNI Hoffnung, dass der Kampf gegen das globalisierte Kapital gewonnen werden kann?</b></p><p>Zunächst wissen wir, dass mehr und mehr Menschen in diesen Kampf gegen den Kapitalismus eingebunden werden müssen, wenn wir dieses Monster besiegen wollen. Deshalb suchen und wollen wir die Einheit, nicht nur der indigenen Völker der Welt, sondern aller vom Kapitalismus ausgebeuteten und unterdrückten Menschen. Für uns ist dabei der Kampf der Frauen angesichts der herrschenden Logik der Zerstörung des Lebens von zentraler Bedeutung. Denn hinter der Gewalt gegen Frauen und der Gewalt gegen unsere Mutter Erde steckt das gleiche kapitalistisch-patriarchale System. Von unseren Wohnzimmern bis zu den Regierungspalästen ist es dieses System, das derzeit das Leben auf der Erde bestimmt und das keinen anderen Horizont kennt, als die gewaltsame Zerstörung von Kulturen und Zivilisationen. [3] Unser Ziel ist weiterhin einfach und klar: wir wollen den Kapitalismus zerstören. Das ist die Route, das ist die Hoffnung. Es gilt das kapitalistische System in Mexiko und der Welt zu besiegen.</p><p><b>Und wie wird dieser Widerstand der indigenen Völker Mexikos und des CNI in den nächsten Wochen, Monaten und Jahren aussehen?</b></p><p>Die indigenen Völker widersetzen sich der kapitalistischen Logik bereits durch ihre bloße Existenz. Wenn sie sich um ihr Land, ihre Bräuche, ihren Fluss, ihre Berge kümmern, wenn sie Mais anbauen, wenn sie sich dem Kapitalismus mit der Aufrechterhaltung und Förderung ihrer kommunalen Organisationen widersetzen, leisten sie Widerstand. Aber es ist noch viel mehr nötig. Angesichts der Megaprojekte der Regierung setzten wir auf die soziale Organisierung innerhalb unserer Gemeinschaften, die Anprangerung der Projekte in den Medien und in nationalen und internationalen Menschenrechtsinstanzen und die Anwendung einer juristischen Strategie mit Hilfe von Klagen und einstweiligen Verfügungen. Darüber hinaus versuchen wir, uns mit mehr Organisationen und sozialen Bewegungen in Mexiko und weltweit zu vernetzen, um zu diskutieren, wie wir dieses kapitalistische Monster, das uns in die Enge getrieben hat, zerstören werden.</p><p><b>Gibt es konkrete nächste Schritte, die auch internationalistisch unterstützt werden können?</b></p><p>Letzten Dezember hatten wir vom CNI gemeinsam mit den Genoss*innen des EZLN ein Forum in San Cristóbal de las Casas, bei dem wir uns auf konkrete nächste Schritte geeinigt haben. Für den 20., 21. und 22. Februar sind <a href="http://enlacezapatista.ezln.org.mx/2020/01/09/aufruf-zu-aktionstagen-in-verteidigung-von-land-und-madre-tierra-samir-sind-wir-alle/">Aktionstage</a> gegen die Megaprojekte geplant, denen wir den Namen unseres <a href="https://amerika21.de/2019/02/222612/mexiko-mord-soberanes-amlo">Genossen Samir Flores</a> gegeben haben, der vergangenes Jahr am 20. Februar wegen seiner Aktivitäten gegen das <i>Proyecto Integral Morelos</i> ermordet wurde. Insbesondere für den Tag der dezentralen Aktionen gegen die Megaprojekte am 20. Februar hoffen wir auf internationalistische Aktionen in aller Welt.<br/></p><p></p><hr/><p></p><h3><b>Anmerkungen</b><br/></h3><p><b>[1]</b> Der <a href="http://www.congresonacionalindigena.org/%20">CNI</a> konstituierte sich am 12. Oktober 1996 mit dem Ziel, das Haus aller indigenen Völker Mexikos zu werden, d.h. ein Raum, in dem die Völker den Raum für Reflexion und Solidarität finden, um ihre Kämpfe des Widerstands und der Rebellion mit ihren eigenen Organisations-, Repräsentations- und Entscheidungsformen zu stärken. Mittlerweile gehören mehrere dutzend indigene Völker und tausende Gemeinden dieser dezidiert antikapitalistischen Dachorganisation an.</p><p><b><br/>[2]</b> Das <a href="http://enlacezapatista.ezln.org.mx/%20">EZLN</a> wurde am 17. November 1983 in den Bergen des südöstlichen mexikanischen Bundesstaates Chiapas gegründet und trat mit seinem bewaffneten Aufstand vom 1. Januar 1994 an die Öffentlichkeit. Seitdem hat sich die zapatistische Bewegung zu einer der wichtigsten Referenzen der antikapitalistischen Linken weltweit entwickelt. Insbesondere das System der basisdemokratischen Autonomie in den zapatistischen Zonen von Chiapas ist ein wichtiger Orientierungspunkt für linke Bewegungen. Ende 2019 verkündete das EZLN die Ausweitung der autonomen Zone und die Gründung vieler neuer, selbst-regierter Gemeinden.</p><p><b><br/>[3]</b> Der Begriff wird hier in einem antikolonialen Kontext genutzt, der von der Erfahrung des genozidalen Eroberungskrieges der europäischen Mächte in Lateinamerika und der damit einhergehenden Vernichtung bestehender Gesellschaftssysteme geprägt ist.</p></div>
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